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Bistum Magdeburg

Mehr Lebensqualität für Senioren

Caritas-Altenpflegeheim Zörbig: Alzheimererkrankte leben in familienähnlichen Hausgruppen

Beim Vorbereiten des Mittagessens: Im Caritas-Altenpflegeheim St. Vinzenz in Zörbig leben alzheimerkranke Senioren betreut in Wohn- und Lebensgemeinschaften.

Zörbig (mw/db/tdh) -Gerda Müller (Name geändert) lacht und schlürft fröhlich an ihrem Glas Eierlikör. Gerade hat sie noch Kartoffeln geschält. Jetzt ist Ausruhen angesagt. -Frau Müller leidet. Nein, sie leidet nicht. Das Pflegepersonal weiß: Frau Müller ist an Morbus Alzheimer erkrankt, der häufigsten Form der Demenzerkrankungen. Und: Nicht nur Frau Müller ist dement. Auch ihre sieben Mitbewohner sind daran erkrankt.

Nach dem alten Konzept der Familie

Frau Müller lebt in einer von zwei familienähnlichen Gemeinschaften im Caritas Altenpflegeheim "St. Vinzenz" in Zörbig. Seit September vergangenen Jahres gibt es diese Hausgemeinschaften in der Einrichtung. Über zwei Jahre hinweg haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Altenpflegeheimes der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius an einem Konzept dafür gearbeitet, Bewohner und deren Angehörige tragen es mit. Wenn in der Fachwelt derzeit viel von der "vierten" Generation der Altenpflegeheime die Rede ist, so steht genau dieses Anliegen dahinter: Weg zu kommen von unübersichtlichen, unpersönlichen großen Einrichtungen und Gebäude zu schaffen, die schon von ihrer Architektur her solche familienähnlichen Hausgemeinschaften ermöglichen.

"Wenn Menschen in ein Heim einziehen, sind sie in der Gefahr, ein Stück ihrer Persönlichkeit und Individualität aufzugeben", erklärt der Fachreferent für Altenhilfe der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius in Magdeburg, Marcus Waselewski. "Diese Gefahr kann erheblich verringert oder gar ausgeschlossen werden, wenn die alten Menschen in kleinen Gemeinschaften ähnlich der einer Familie leben", so der Stabsreferent. Zudem könne eine übersichtliche Anordnung der Räume eines Wohnbereiches der Tatsache entgegenwirken, dass sich Demenzerkrankte oft unsicher und unverstanden fühlen. Hilfreich sei auch, wenn es der Erkrankte mit den immer gleichen Personen zu tun hat. Dies schaffe Vertrautheit und Geborgenheit. Folge seien weniger Verwirrtheit, Angst, Unwohlsein, Resignation und Apathie bei den alten Menschen. Und die eigenen vier Wände garantierten jedem Einzelnen eine Wahrung der Intimität und Privatsphäre und die Möglichkeit, sich zurückzuziehen.

Neben den eigenen vier Wänden gehört zu einer solchen Hausgemeinschaft von Senioren eine zentral gelegene Wohnküche mit einem Gemeinschafts-, Wohn- und Essbereich, sagt Waselewski. Darin wird nicht nur gekocht, sondern hier spielt sich das Leben ab, und alle Bewohner haben die Möglichkeit, dieses aktiv mitzugestalten und zu lenken. So kann durch gemeinschaftliche Tätigkeiten ein lebendiges und familiäres Miteinander entstehen.

Gemeinschaft gegen das Gefühl des Alleinseins

Tagsüber ist in solchen Hausgemeinschaften für die alten Menschen eine Bezugsperson präsent, die die Rolle einer Hausfrau übernimmt. "Sie bereitet das Essen zu, wäscht die Wäsche, hilft beim Ankleiden, stimuliert, motiviert und pflegt Kontakte", sagt Waselewski. Diese Arbeiten werden mit und in Blicknähe der Bewohner geleistet. "Dadurch wird die Chance größer, dass sich die alten Menschen miteinander und mit der Bezugsperson unterhalten. Zugleich wird dem Gefühl des Verloren- und Alleingelassenseins entgegengewirkt. Und auch eine aktive Angehörigenarbeit kann hier ansetzen", so der Fachreferent.

In einer Studie des Caritasverbandes für das Bistum Magdeburg war deutlich geworden, dass fast zwei Drittel der im Zörbiger Altenpflegeheim lebenden Bewohner gerontopsychiatrisch erkrankt sind, sagt Waselewski. Deshalb musste im Sinne der Bedürfnissausrichtung am Pflegeund Betreuungskonzept gearbeitet werden. Es stellte sich die Frage, wie für die an Demenz erkrankten Bewohner mit ihren individuellen Eigenschaften, Interessen und Bedürfnissen an- und entsprechende Lebensräume geschaffen werden können. In der Folge wurde durch die Einrichtung von familienähnlichen Gemeinschaften für die Demenzkranken getrennt von den nicht Demenzerkrankten eine Verbesserung für beide Gruppen von Senioren erzielt.

Fünf zusätzliche teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter wurden eingestellt. Zudem musste der Personaleinsatz im Haus überdacht werden. Mitarbeiter waren bereit, ausschließlich mit Demenzerkrankten zu arbeiten.

Das Personal musste sich umstellen

Neben der personellen Umstrukturierung -bis hin zur Anpassung der Dienstzeiten an die Bedürfnisse der neu entstandenen "Bewohnerfamilie" -wurde eine Umbauphase eingeläutet. Neue Gemeinschafts- und Aufenthaltsbereiche, Hausgemeinschaftsküchen und Sinnesecken entstanden. Anstrich, Beleuchtung und Milieugestaltungselemente wurden entsprechend der Richtlinien des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) verändert, so Waselewski. Schließlich mussten die Bewohner im Haus umziehen. Neben zwei Mitarbeiterinnen, die eine vierjährige Ausbildung zur gerontopsychiatrischen Fachberaterin absolvieren, besuchten viele Mitarbeiterinnen andere Fortbildungsveranstaltungen und Einrichtungen.

Frau Müller genießt es, beim Kartoffeln schälen einen Spaß zu machen, in dem sie das Kartoffelmesser der Mitarbeiterin versteckt. Andere Hausgemeinschaftsmitglieder amüsieren sich, als Mitarbeiterin ihr Messer sucht. Nach getaner Arbeit freuen sich die Bewohner auf das gemeinsam vorbereitete Mittagessen. Doch bis es soweit ist, gibt es erstmal einen Eierlikör.

Infos über bestehende ähnliche Hausgemeinschaften in den Altenpflegeheimen der Caritas und der Caritas-Trägergesellschaft:
Fachreferent für Pflege Norbert Kreis,
Tel. (03 91) 6 05 31 07

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 5 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.02.2004

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