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Bistum Magdeburg

Ein nicht ganz frommes Theaterstück

Jugendliche des Bistums lassen in einer anspruchsvollen Aufführung biblische Figuren auftreten

Verspricht den Mietern bei Auszug ein angeblich besseres Leben: Der Geschäftsmann (Bildmitte), hier mit (vorn:) Maria, Paulus, Petrus, Judas, Kain, Sarah und Abraham sowie (hinten:) Adam, Eva, Abel und Hiob im Hausflur der Lutherstraße 15.

Wittenberg (ep) -Petrus, Thomas, Judas und Maria leben in einer WG (Wohngemeinschaft) in der Lutherstraße 15. Während Maria das Leben in vollen Zügen genießen möchte und um eine verlorene Liebe trauert, ist Judas stets dem Geld hinterher. WG-Oberhaupt Petrus versucht, das Leben schlecht und recht am Laufen zu halten. Thomas ist vom Leben in der WG enttäuscht, er zieht aus. So ist Platz für den neuen Mitbewohner Paulus. Der hat begonnen, sein Leben radikal zu ändern und bringt auch in die Lutherstraße 15 frischen Wind mit.

In einer anderen Wohnung des Hauses leben Abrahm und Sarah. Sie haben sich ihr Leben lang eigene Kinder gewünscht. Da taucht Hagar auf, die nach Tageseltern für ihr uneheliches Kind Ismael sucht ...Auch Adam und Eva leben mit ihren Söhnen Kain und Abel in der Lutherstraße 15. Während Adam über alles seine Blumen liebt, träumt Eva von einem besseren Leben und ist drauf und dran auszuziehen. Adam versucht sie zurückzuhalten. Hiob ist Hausmeister in der Lutherstraße und von einem Schicksalsschlag nach dem anderen geplagt.

Im Laufe von eineinhalb Jahren haben sich Jugendliche des Bistums Magdeburg bei mehreren Treffen intensiv mit Gestalten aus der Bibel auseinandergesetzt und gefragt, wie deren Leben und Glauben wohl heute aussehen würde. Dabei haben sie eine Menge für ihren eigenen Glauben profitiert. Und im Ergebnis ist ein sehenswertes, "nicht ganz frommes Theaterstück" -wie es im Untertitel heißt -entstanden, das teilweise auch provoziert. Am vergangenen Samstag und Sonntag nun wurde "Lutherstraße 15" im Piesteritzer Hof in Wittenberg uraufgeführt.

14 biblische Gestalten treten auf. Sie alle leben in der Lutherstraße 15 und haben laut Mietvertrag die Pflicht, für den Erhalt des Hauses mitzusorgen. Der Vermieter hält für alle den Lebensraum bereit, auch sein eigner Sohn hat einige Zeit mit im Haus gewohnt. Er selbst tritt im Stück jedoch nicht auf. Zudem gibt es einen Geschäftsmann, der die Lutherstraße 15 unbedingt kaufen will. Er hat vor, das Haus abzureißen und ein Dienstleistungszentrum zu errichten. Er verspricht den Mietern ein besseres Leben, wenn sie freiwillig aus dem doch schon verfallenden Haus ausziehen. Die Versuchung ist groß. Doch unabhängig voneinander sind sich letztlich fast alle Bewohner einig: Sie wollen bleiben.

"Die Mieter leben ein Leben, wie es wohl jedem vertraut ist", sagt Diözesan-Jugendreferent Klaus Tilly, der wesentlich am Entstehen des Stückes beteiligt war. "Es sind Menschen, die eine Geschichte erzählen wollen, die über das eigene Leben und über das Leben in unserer Welt hinaus reicht. Aber es sind auch Menschen, die ihr Leben meist isoliert, ja in egoistischer Haltung leben." Bis eines Tages wegen der Untätigkeit der Bewohner eine Kathastrophe im Haus Paulus die anderen bewegen kann, gemeinsam etwas dagegen zu tun. Das bringt die Mieter der Lutherstraße 15 endlich einmal im Hausflur zusammen. Und sie fangen auch an, am gegenseitigen Schicksal Anteil zu nehmen. Gemeinsam mit Herrn Hiob, der treu am Dienst für den Vermieter festhält, steigen WG-Oberhaupt Petrus, Abel und Paulus in den Keller. Das drohende Unheil einer Gasexplosion kann abgewendet werden...

"Am Ende bleibt Adam mit seiner im Stück gestellten Frage: ,Wohin sollten wir umziehen?' letztlich unverstanden", sagt Jugendreferent Tilly. "Und doch behält er Recht: Es gibt keine Weltflucht. Zwar ist nach der Beseitigung der Katastrophe im Haus das Leben wie immer: Früh aufstehen, arbeiten ... Und es gibt auch einen Verführer. Aber das Leben mit anderen und mit Gott ist auch immer anders."

Entstanden ist "Lutherstraße 15" (Hier wurde das Stück geschrieben.) in Zusammenarbeit mit dem Theaterjugendclub Chamäleon in Wittenberg unter dessen Künstlerischem Leiter Markus Schuliers (37). "Mich hat gereizt, dass Kinder und Jugendliche für Erwachsene Theater spielen", sagt Schuliers. Deshalb habe er 1998 den Theaterjugendclub gegründet und sich auch auf das Projekt mit katholischen Jugendlichen eingelassen. Für die jungen Leute sieht der Regisseur darin "die Chance, im Blick auf Sprache, Tanz, Kulturgeschichte nachzuholen, was an vielen Schulen nicht geleistet wird".

Mit einem biblischen Stoff heute in die Öffentlichkeit zu gehen, damit hat Schuliers keine Probleme, ganz im Gegenteil: "Der Zuspruch bei unseren Aufführungen war groß. Es ist gut, dem Zuschauer in zeitgemäßer Rezeption Themen der Bibel nahe zu bringen."

Das aktuelle Programm des Theaterjugendclubs Chamäleon:
Tel. (0 34 91) 4 54 79 97;
www.tjc-chamaeleon.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.02.2004

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