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Aus der Region

Eine besondere Beziehung

Der Fuldaer Bischof und Bonifatius

Bischof Algermissen: Als Christen öffentlich Rückgrat zeigen.

Am 5. Juni jährt sich zum 1250. Mal der Todestag des heiligen Bonifatius. Bonifatius war 754 während einer Missionsreise im friesischen Dokkum erschlagen worden. Ein Interview mit einem Mann, der dem Heiligen heute besonders nahe steht: Heinz Josef Algermissen ist Bischof von Fulda, der Stadt, in der sich das Grab des Heiligen befindet. Er fühle sich innerlich verpflichtet, das Vermächtnis des heiligen Bonifatius für die deutsche Kirche wach zu halten und sich "mit allen Kräften für die Einheit der Kirche in unserem Land stark zu machen", sagt Algermissen im folgenden Interview.

Frage: Herr Bischof, so nah wie Sie ist kein anderer deutscher Diözesanbischof dem "Apostel der Deutschen". Ist diese räumliche Nähe für Sie persönlich von besonderer Bedeutung?

Algermissen: Keine zwei Minuten zu Fuß, und ich bin in der Krypta des Fuldaer Domes am Grab des heiligen Bonifatius. Solche räumliche Nähe bringt innere Verbundenheit. Meine besondere Beziehung zum "Apostel der Deutschen" besteht aber schon seit vielen Jahren, nicht erst seitdem ich Bischof von Fulda bin. Und so mache ich mich immer wieder auf den Weg, um im Gebet und in Gedanken mit dem heiligen Bonifatius zu sprechen. Angesichts seines Lebenszeugnisses verstehe ich auch meine Sendung und den gemeinsamen Auftrag als Kirche von Fulda.

Frage: Ergibt sich daraus, dass der "Apostel der Deutschen" im Fuldaer Dom begraben ist, eine besondere Verpflichtung für den Bischof von Fulda und für das Bistum Fulda gegenüber der katholischen Kirche in Deutschland insgesamt?

Algermissen: Die Verpflichtung ergibt sich unter anderem aus einem Brief des Heiligen über die "Hirtensorge der Bischöfe", wo es heißt: "Die Kirche fährt über das Meer dieser Welt wie ein großes Schiff und wird von den Wogen (...) hin und her geworfen. Wir dürfen das Schiff nicht verlassen, wir müssen es lenken (...) Wir wollen nicht stumme Hunde sein und schweigend zuschauen, sondern eifrige Hirten (...) Die Wahrheit kann zwar niedergehalten, aber weder besiegt noch getäuscht werden." Wenige Jahrzehnte nach diesen eindringlichen Worten hat Karl der Große der Abtei Fulda aufgetragen, "in besonderer Weise der Wahrheit zu dienen -specialiter servire veritati". Aufträge dieser Art gehen sicher grundsätzlich an alle Bischöfe. Die Bischöfe von Fulda beziehen sie seit jeher besonders auf sich. Hinzu kommt ein Wort des Heiligen Vaters, Papst Johannes Pauls II., das er am 18. November 1980 bewusst in Fulda sagte: "Mit Bonifatius begann gewissermaßen die Geschichte des Christentums in Eurem Land. Viele sagen, diese Geschichte neige sich dem Ende zu. Ich sage Euch: Diese Geschichte des Christentums in Eurem Land soll jetzt neu beginnen, und zwar durch Euch, durch Euer im Geist des heiligen Bonifatius geformtes Zeugnis!"

Frage: Worin vor allem sehen Sie das Vermächtnis des Bonifatius für die Kirche hier zu Lande heute?

Algermissen: Ist es nicht wirklich an der Zeit, den missionarischen Geist des heiligen Bonifatius wieder zu entdecken? Dass wir nicht ängstlich und defensiv unsere Grenzen abstecken, uns in die sakrale Nische unserer Tradition zurückziehen und den allgemeinen Niedergang beklagen, sondern selbstbewusst an die Öffentlichkeit gehen, bereit, "jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Grund unserer Hoffnung fragt", wie es im 1. Petrusbrief, Kapitel 3, Vers 15, heißt. Des Weiteren fällt mir an Bonifatius vor allem seine Standfestigkeit und Furchtlosigkeit auf: ein Mann mit sich und seiner Botschaft identisch. Insofern erträgt er auch Widerstände. So sehr es ihm um die Gewinnung der Menschen für Jesus Christus geht, er biedert sich nicht an, schließt keine faulen Kompromisse. Wo es um die Substanz seiner Botschaft geht, ist er klar und unnachgiebig. Da muss zum Beispiel die Donareiche bei Fritzlar gefällt werden, um unmissverständlich deutlich zu machen: es gibt keine anderen Götter. Für diesen Glauben war er bereit, sein Leben zu geben. Eine Entscheidung für Gott und gegen die Götzen unserer Zeit ist auch heute eine Entscheidung gegen den Trend. Mir macht der Pragmatismus und Populismus Sorge, mit dem in unserer Gesellschaft, in Medien, Wissenschaft und Politik insbesondere das menschliche Leben an seinem Anfang wie an seinem Ende in Frage und zur Disposition gestellt wird. Wir brauchen viel mehr Christinnen und Christen, die auch in der Öffentlichkeit Rückgrat zeigen und für ihre Glaubensüberzeugung eintreten. Am Grab des heiligen Bonifatius versammeln sich die deutschen Bischöfe jedes Jahr zu ihrer Herbstvollversammlung. Dort muss auch die Einheit der Kirche in Deutschland je neu gestärkt und bekräftigt werden. Als Bischof von Fulda fühle ich mich innerlich verpflichtet, das Vermächtnis des heiligen Bonifatius für die deutsche Kirche wach zu halten und mich mit allen Kräften für die Einheit der Kirche in unserem Land stark zu machen.

Interview: Peter de Groot

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 14.02.2004

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