Baum des Lebens spendet Hoffnung
Magdeburger Uni-Klinik hat seit einem halben Jahr einen "Raum der Stille"
Magdeburg (ep) -"Danke für diesen Ort. Er gab mir Gelegenheit, mich zu spüren, über mich nachzudenken, mich treiben zu lassen. In diesen Momenten ist Er bei mir. -Es macht mich traurig, dass ich diese Empfindungen nicht losgelöst von Zeit und Raum habe. Ich kehre zurück in den Alltag, begleitet von der Hoffnung, etwas von der Stille mitzunehmen. Danke."
Diese Sätze einer Patientin finden sich in einem Anliegenbuch, das im "Raum der Stille" im neuen Hauptgebäude der Magdeburger Universitätsklinik ausliegt. Vom Haupteingang des Klinikgebäudes Haus 60 mit seinem Info-Point gelangt man linkerhand nach wenigen Schritten in den Bereich der Krankenhausseelsorge mit seinem Raum der Stille. Entsprechend dem Wunsch der evangelischen und katholischen Klinikseelsorgerinnen und mit Hilfe der katholischen Magdeburger Künstlerin Maren-Magdalena Sorger ist hier ein Meditationsort entstanden, der ganz bewusst Menschen verschiedenster religiöser Herkunft ansprechen will. Der fensterlose Raum ist an seiner rechten und linken Wand von jeweils drei raumhohen schlanken Glasscheiben und einer gut doppelt so breiten Scheibe an der Stirnseite geprägt. Auf den grünlichblau gefärbten Gläsern rechts und links finden sich Symbole der großen Weltreligionen: das christliche Kreuz, der siebenarmige Leuchter, der islamische Halbmond, das Lebensrad des Buddhismus ...Zudem hat die Künstlerin auf jeder der Scheiben Blätterwerk angedeutet. Die Äste erweitern und ergänzen den Lebensbaum, der an der Stirnwand zu erkennen ist.
"Der Baum des Lebens scheint uns passend für viele Situationen im Krankenhaus zu sein", sagt die evangelische Klinikpfarrerin Margitta Quast. "Hier geht es um Wachsen und Welken, Zerbrechen und Neuwerden, aber auch darum, seine Wurzeln zu spüren, um dem Sturm stand zu halten." Barbara Haas, katholische Seelsorgerin in der Uni-Klinik, ergänzt: "Der Baum ist ein Symbol, das zu allen Religionen, zu allem Leben passt."
Rechts und links von dem mittels Fotocollage dargestellten Baum, dessen schwarz-blauer Stamm in horizontale Schichten geteilt ist, finden sich Begriffe für wesentliche Lebenshaltungen und -vollzüge wie: Lieben -Vertrauen -Reifen -Klagen -Zweifeln -Loslassen -Sterben -Aufatmen ...Die in Regenbogenfarben getauchten Äste erheben sich zum Himmel. Der christliche Betrachter kann darin Christus am Kreuz erahnen.
"Der Raum will alle einladen: Patienten, Angehörige, Klinikmitarbeiter", sagt Frau Haas. "Er soll Menschen mit ihren Empfindungen Hilfe bieten, Ruhe zu finden. Auch einige unserer ehrenamtlichen Patientenbetreuerinnen und -betreuer halten sich gern hier auf."
Bis zur Einrichtung des Raumes und der benachbarten beiden Sprechzimmer sowie des kleinen Seminarraumes war es ein langer Weg. "Erste Bemühungen gab es 1990", erinnert sich Pfarrerin Quast. "Zu DDRZeiten hatte ich nicht einmal eine Möglichkeit, meinen Mantel aufzuhängen, wenn ich Kranke besuchte", so Frau Quast, die bereits seit 1979 in der Klinik seelsorglich tätig ist.
Dies ist anders geworden. Der Raum der Stille ist Tag und Nacht zugänglich. "Wer als Patient möchte und in der Lage ist, kann im Rahmen des Klinikalltages jederzeit den Raum besuchen", betont Frau Haas. Aber auch wer nicht Patient, Angehöriger oder Personal ist, ist willkommen. Jeden Samstag findet -abwechselnd von einer der Seelsorgerinnen gestaltet -um 17 Uhr ein Gottesdienst (Wort- Gottes-Feier) statt.
Zum Dienst der Seelsorger -im Team sind neben Frau Haas und Pfarrerin Quast auch Pfarrerin Rafalski und katholischerseits Pfarrer Franz Stitz -gehört es mehr und mehr, auf Anruf hin Patienten und Angehörige in Krisensituationen zu begleiten. Die drei Seelsorgerinnen haben zwar die Stationen unter sich aufgeteilt, vertreten sich aber in partnerschaftlich- ökumenischem Miteinander auch gegenseitig. "An die 90 Prozent der Patienten gehören keiner Kirche an", sagt Frau Haas. "Aber nicht wenige nehmen unsere Angebote des Gesprächs und der Begleitung in Anspruch. Und kommen auch in den Raum der Stille ..."
"Dieser Ort der Ruhe und Stille gibt jedem Menschen die Möglichkeit, Kraft zu tanken und neue Hoffnung zu schöpfen", heißt es bestätigend im Anliegenbuch, und: "Durch eine kleine Besinnungspause würde jeder von uns freundlicher auf seine Umwelt reagieren. Wahrscheinlich gäbe es auch weniger kranke Menschen auf dieser Erde."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 23.02.2004