Ich war krank und ihr habt mich besucht
Ehrenamtlicher Besuchsdienst im Krankenhaus
Dresden -Der Geruch nach Desinfektionsmittel, durch die Gänge eilendes Personal, das Surren und Piepen geheimnisvoller Apparaturen, das lautlose Tröpfeln der Infusion -für viele ist das Krankenhaus nicht gerade ein Ort zum Wohlfühlen. Im Gegenteil, hier mischen sich Ängste, Leid und Beklemmungen mit Einsamkeit und dem Gefühl des Ausgesetztseins.
In dieser Situation suchen die Patienten neben der Heilung vor allem eins: Zuwendung. Wie gut ist es da, dass es zahlreiche Ehrenamtliche gibt, die sich dieser Aufgabe stellen. Zu dem breiten Feld des ehrenamtlichen Krankenhausbesuchsdienstes hatte der Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen vor kurzem zu einer Fortbildung nach Dresden eingeladen. Die Resonanz war erstaunlich groß: Zirka 60 Personen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen kamen: Nichtchristliche und christliche Ehrenamtliche in Krankenhäusern und Altenpflegeheimen, aber auch Helfer aus Pfarreien. Referent war Matthias Mader, Krankenhausseelsorger im St.- Marien-Krankenhaus in Dresden. Die Leitung hatte Mechthild Gatter, Referentin für Gemeindecaritas beim Diözesancaritasverband. Der Tag machte deutlich: Begleitung ist das Schlüsselwort. "Der Seele ein Zuhause geben" umschrieben die Referenten den Besuchsdienst.
Krankheit wird kaum nur gelassen hingenommen. Es entstehen Aggressionen, Trauer, neue Prioritäten werden gesetzt. In solchen Situationen, in denen meist viel zu viel Zeit da ist, tauchen nicht selten existentielle Fragen auf. Da ist es wichtig, dass jemand zuhört, sich der Sorgen annimmt, ohne gleich für alles eine Antwort parat zu haben. Begleiten in diesem Sinne bedeutet Mitgehen, eine Situation gemeinsam mit dem Patienten aushalten.
Lösungen können die Ehrenamtlichen nur in Ausnahmefällen liefern. Aber durch ihr Dasein für den Patienten können sie die Perspektive ändern: Vom Aufgreifen des Krankenhausalltags kann der Blick auf das zu Hause gelenkt werden, wo manches vielleicht nach dem Krankenhausaufenthalt anders gestaltet werden muss.
Auch Rituale sind wichtig. Sie geben Sicherheit. Eine Hand zu halten wirkt vielleicht nicht besonders aktiv, aber die Geste vermittelt Geborgenheit und kann in manchen Lebenslagen wichtiger sein als kluge Worte.
In jedem Fall ist Feinfühligkeit gefragt: Ein Krebspatient hat andere Sorgen als jemand, der sich gerade den Blinddarm heraus nehmen lässt. Kinder sind als Patienten noch einmal ein ganz eigenes Kapitel, ebenso die Dementen in den Altenpflegeheimen.
Bei der Fortbildung in Dresden zeichneten sich weitere Fragen ab: Gibt es eine Grenze zwischen "Seelsorge" im engeren Sinn als Aufgabe von Hauptamtlichen und Begleitung durch den ehrenamtlichen Besuchsdienst? Wie geht man mit Nichtchristen oder mit Menschen anderer Religionen um? Einige Fragen blieben offen. Insgesamt bewerteten die Teilnehmer den Tag positiv und lieferten selbst zahlreiche Ideen für eine Fortführung der Thematik.
Claudia Kern
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.02.2004