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Sektenbeauftragte: Scientology in Sachsen "kein Massenproblem"

Dresden -Die beiden Weltanschauungs- und Sektenbeauftragten in Sachsen, Pfarrer Gerald Kluge (katholisch) und Harald Lamprecht (evangelisch) haben vor einer Überschätzung des Einflusses von Scientology im Freistaat gewarnt. Bislang bekannt gewordene Aktivitäten seien Einzelfälle, so Kluge. "Ein Massenproblem ist Scientology hier nicht." Vor allem solle man keine Hysterie verbreiten. Vielmehr gelte es, nüchtern die Fakten zu betrachten.

Scientology spiele in Sachsen seit Mitte der 1990er Jahre kaum noch eine nennenswerte Rolle. Noch kurz nach der Wende habe die Organisation hier geworben. Auf einer Veranstaltung des Kathedralforums in Dresden berichtete Kluge von einem begeisterten Radebeuler Rentner, der eifrig mit Briefen für seinen Verein "Freunde der Dianetik" geworben und auf den Straßen einschlägige Bücher verkauft habe. In Leipzig suchte ein Dianetik- Centre Mitarbeiter im Sozialbereich. Dort sei auch ein "City- Office" gegründet worden. In Dresden warben Scientologen bei der katholischen St.-Benno- Buchhandlung, ihre Publikationen ins Sortiment aufzunehmen. Eine so genannte "Mission" wurde in Dresden aufgebaut. Scientologen verteilten ihre 200 Punkte umfassenden Fragebögen, die, egal wie man antwortet, immer zu dem Ergebnis führen, man habe die von Scientology angebotenen Kurse bitter nötig.

Mitte der 1990er Jahre sei die Dresdner Mission geschlossen worden, so Kluge. Vor zwei Jahren sei über Stellenanzeigen versucht worden, Leute für die Organisation zu werben, allerdings von Stuttgart aus. Zudem habe er von zwei Dresdner Jugendlichen erfahren, die die Schule abbrachen, um eine Ausbildung an einer Scientology-Niederlassung im dänischen Kopenhagen zu beginnen.

Nachdem es um den bekennenden Scientologen und Immobilienmakler Kurt Fliegerbauer in Zwickau still geworden war, machte die Organisation in Sachsen erst im September 2003 wieder Schlagzeilen -mit dem Auftritt des neuen Direktors des Dresdner Hannah-Arendt-Institutes für Totalitarismus-Forschung, Prof. Gerhard Besier, bei der Eröffnung eines Scientology- Büros in Brüssel. Der Wissenschaftler hatte Scientology dort als Vorkämpfer für Religionsfreiheit gewürdigt. Und war damit einem gründlichen Irrtum aufgesessen, wie Harald Lamprecht meint. "Denn in Deutschland haben wir Religionsfreiheit. Die eigentliche Frage dagegen ist: Handelt es sich bei Scientology um eine Religion?" Die Organisation selbst gebe sich diesen Anstrich, habe sogar ein eigenes "Scientologen-Kreuz" kreiert. Doch von einer Religion könne man hier beim besten Willen nichts entdecken. "Im Mittelpunkt steht der Mensch, dem versprochen wird, mit einem Kurssystem totale Freiheit zu erlangen. Es ist ein Kult der Macht. Der einzige Gott, der hier angebetet wird, ist der Erfolg." Schon 1995 habe das Bundesarbeitsgericht Scientology, die im Wesentlichen Kurse verkauften, als Wirtschaftsbetrieb definiert. Für den Religionsfreiheits- Kampf sieht Lamprecht drei Hauptgründe: Erstens würde eine "religiöse Reformgruppe" mehr Vertrauensvorschuss genießen; zweitens würde sie von Steuern befreit; drittens brauche sie dann keine Wirtschaftsdaten mehr offenzulegen.

Als gefährlich betrachtet Lamprecht die Organisation, weil sie Menschen mit den hohen Kosten für Kurse in finanzielle Schwierigkeiten treiben könne, weil sie durch ein Feindbild Menschen auszugrenzen versuche und weil sie ein totalitäres Denksystem propagiere und auf dem Weg der "Unterwanderung" auch politische Macht anstrebe.

Tomas Gärtner

Information im Internet:
www.sekten-sachsen.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 9 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.02.2004

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