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Bistum Dresden-Meißen

Unbewaffnet stark sein

Projekt der Grünhelme in Dresden vorgestellt

Dresden (tg) -Als 1979 hilflose Flüchtlinge in kleinen Booten auf dem südchinesischen Meer trieben, handelte Rupert Neudeck sofort. Er charterte das Schiff "Cap Anamur" und rettete die Vietnamesen. Das gleichnamige Notärzte-Komitee wurde zum Synonym für schnelle Hilfe aus eigener Kraft. Im vergangenen Jahr hat Rupert Neudeck die Arbeit im Vorstand und den Sprecherposten von Cap Anamur einem Kollegen überlassen. Zur Ruhe gesetzt hat sich der 1939 in Danzig geborene promovierte Theologe und Journalist indes nicht, sondern im April 2003 die "Grünhelme" gegründet.

Von der Idee der so genannten "peace corps" hatte bereits der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy gesprochen. Neudeck hörte während seines Studiums davon. Später erneuerte Michail Gorbatschow diesen Gedanken, jüngst auch Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms. Neudeck jedoch hielt keine Reden über die Idee, sondern setzte sie in die Praxis um.

Sein Grundgedanke: "Christen und Muslime (und andere Menschen guten Willens) bauen gemeinsam auf, was andere widerrechtlich zerschlagen haben." Konkret heißt das: Er geht in Gebiete, in denen zuvor Krieg herrschte, und wo große Hilfsorganisationen nicht hinkommen. Dort ermittelt er, was die Bevölkerung am nötigsten braucht. Die Finanzierung läuft ausschließlich über private Spenden.

Projekt Nummer eins ist der Bau einer Schule für 2300 Kinder in Shishan, einem Slum-Dorf am Nordrand der irakischen Hauptstadt Bagdad. Die Gegend sei unsicher, habe man sie in Deutschland gewarnt, berichtete Ulrich Kasparick, SPD-Bundestagsabgeordneter und Kuratoriums- Mitglied der "Grünhelme" auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Ökumenischen Informationszentrums (ÖIZ) in Dresden. "Unsere zwei Freiwilligen sind einfach dort hin gegangen und haben gemeinsam mit den Einheimischen die Fundamente hochgezogen." Ihre wichtigste Erfahrung: "Man ist sehr stark, wenn man unbewaffnet ist." Das unterscheidet sie von den Blauhelmen, wenngleich der Begriff "Grünhelme" Militärisches assoziiert. Die Farbe stehe für Dreierlei, so Kasparick: für Hoffnung, den Islam und Ökologie.

Die Freiwilligen gehen zu zweit oder zu dritt, einer von ihnen beherrscht die Landessprache. Unterkunft suchen sie sich bei den Einheimischen. Geld bekommen sie für Verpflegung und den Flug, ansonsten nur 100 Euro Taschengeld monatlich.

Projekt Nummer zwei: die Errichtung einer Schule in Totechi im Westen Afghanistans. Die Idee dabei, so Kasparick: "Wenn man am Tage bei 48 Grad gemeinsam gearbeitet hat und dann abends zusammensitzt, kommt dieser Dialog zwischen deutschen Christen und afghanischen Muslimen zustande, der jetzt so nötig ist." Damit könne man etwas gegen die Wurzeln des Terrorismus tun. Der Dialog aber werde nur gelingen, wenn auch die Deutschen sich auf ihre eigene Spiritualität besinnen. "Denn die islamischen Staaten sind fromme Staaten." Diese Spiritualität müsse nicht zwangsläufig mit Kirche verbunden sein. Es gebe auch Konfessionslose, "die mit offenem Herzen leben".

In jedem Falle verlange der Einsatz den Freiwilligen überdurchschnittliches Engagement ab, betont Kasparick. "Wir brauchen keine Aussteiger oder Träumer." Statt dessen Bauhandwerker, Techniker, Architekten. Ein Vierteljahr dauere der Einsatz, lasse sich aber verlängern. 400 Leute hätten sich bislang bereit erklärt.

Kontakt: Grünhelme e.V., Kupferstr. 7, 53842 Troisdorf, Tel. (0 22 41) 4 60 20. Internet: www.gruenhelme.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 04.03.2004

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