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Bistum Erfurt

Gott liegt nicht auf Ramschtischen

Feier der Einschreibung für Taufbewerber im Erfurter Dom

Erfurt -Es ist bitterkalt und still im Erfurter Mariendom. Der Atem der 120 Beter der abendlichen Vesper vorm ersten Fastensonntag kondensiert im fahlen Kerzenlicht. Am Altar schreibt ein 19 Jahre junger Mann aus Indonesien mit klammen Fingern andächtig seinen Namen in ein in Leder gebundenes Buch: Arief Budiman Thong steht jetzt in schwarzer Tinte im Taufbuch der Dompfarrei Zum Heiligen Kreuz in Nordhausen.

Der freundliche junge Mann aus dem zwei Millionen Quadratmeter großen Inselarchipel Indonesien ist einer von 20 jungen Erwachsenen aus dem Bistum Erfurt, die sich in der Osternacht am 11. April taufen lassen oder zum katholischen Glauben konvertieren und damit in die katholische Kirche aufgenommen werden. Für Bischof Joachim Wanke sind die erwachsenen Frauen und Männer ein weiterer Beweis für die prinzipielle Offenheit aller Menschen für den Anruf Gottes: "Niemand wird als Atheist geboren. Aber Gottes Gegenwart drängt sich nicht auf. Sein Ruf liegt nicht auf den Ramschtischen der Warenhäuser herum", stellt er im Anschluss an die Einschreibung fest.

Die jährliche zentrale Einschreibungsfeier soll den Bewerbern zeigen, "dass sie mit ihrem Anliegen nicht alleine stehen", und zugleich "die Möglichkeit der Erwachsenentaufe stärker ins öffentliche und auch innerkirchliche Bewusstsein" rücken, fasst Bischof Wanke den Grund der zentralen Einschreibung zusammen.

Arief Budiman Thong hat den weitesten geografischen Weg zurück gelegt -11 000 Kilometer liegt seine subtropisch-heiße Heimat mit ihren 210 Millionen Einwohnern vom winterlichen Thüringen entfernt. Herr Thong lernte bis vor kurzem die deutsche Sprache im Studienkolleg in Nordhausen und will jetzt Pharmazie oder Medizin in München studieren. Er bekennt: "Meine Taufe ist lange überfällig. Meine Mutter und Schwester sind schon seit Jahren katholische Christen und auch mein Vater wird zu Weihnachten in Indonesien getauft werden."

Denn alle Kinder der Familie Thong haben eine katholische Schule im viertbevölkerungsreichsten Land der Erde besucht. Dabei ist Indonesien zum größten Teil muslimisch -88 Prozent sind Moslems und nur acht Prozent evangelische oder katholische Christen. Die indonesische Verfassung schreibt fest, dass der Staatspräsident immer ein Moslem sein muss. Arief Budiman Thong hat sich als Taufnamen Judas Taddäus gewählt. Warum? -Das will er nicht verraten, denn das sei eine sehr, sehr lange und persönliche Geschichte.

Herr Thong ist zusammen mit seinen Taufpaten Gregor und Wanda König, seinem Pfarrer, Domkapitular Wolfgang Ipolt und zwei weiteren erwachsenen Täuflingen -Altenpfleger Sven Gerlach und Krankenschwester Beate Nickel -aus der Harzstadt Nordhausen auf den Erfurter Domberg gereist.

Und auch für Sven Gerlach ist die Taufe eigentlich überfällig. Der Pflegedienstleiter berichtet: "Meine Tochter fragte mich vor einem Jahr: Mensch, Papa! Wann lässt du dich denn eigentlich taufen?" Sven Gerlach wuchs in einem atheistischen Elternhaus auf und kam 1990 als Bausoldat ins Caritas-Pflegeheim nach Nordhausen. "Am 14. November 1989 musste ich noch als Bausoldat in die NVA-Kaserne in Storkow einrücken. Am 7. Februar konnte ich dann -Gott sei Dank! -im damaligen St.- Josefs- Stift in Nordhausen als Bausoldat angefangen. Seine Frau Angela und die vier Kinder sind alle katholisch getauft. Seine Hauptgründe: "Dankbarkeit! Und ich lebe als katholischer Christ bewusster und hinterfrage die Dinge des Lebens intensiver."

Auch Beate Nickel ist mit Domkapitular Ipolt aus Nordhausen angereist und glaubt schon sehr lange an Gott. Ihre Schwester hatte mit 16 Jahren einen evangelischen Pfarrerssohn kennen gelernt und ließ sich 1976 heimlich taufen. So kam auch Beate Nickel erstmals mit dem Christentum in Kontakt. Die Eltern waren anfangs erbost und stellten den Pfarrer zur Rede.

Nickel: "Meine Schwester wurde mit Repressalien bedroht. Damals lastete ein unheimlicher Druck auf der Familie. Jetzt habe ich zweimal Gottes Nähe sehr intensiv erfahren und es ist die Zeit gekommen, dass auch ich mich taufen lasse." Denn die Krankenschwester wurde selbst schwer krank: "Ich habe um mein Leben gebettelt und bin wieder gesund geworden. Dann bekam meine Tochter mit 16 Jahren einen Schlaganfall und auch sie überlebte." Für Domkapitular Wolfgang Ipolt sind die drei erwachsenen Taufbewerber seiner Gemeinde Freude und Ansporn zugleich: "Gottes Wort hat überall seinen Resonanzboden. Wir müssen nur lernen, mutiger und ohne Ängstlichkeit auf unsere Mitmenschen zuzugehen."

Carsten Kießwetter

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 04.03.2004

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