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Aus der Region

Kirche im Osten kann Vorbild sein

Theologe Emeis über seine Arbeit am Institut für Katholische Theologie Halle

Dieter Emeis: Theologische Ausbildung in Ostdeutschland nicht an einem Ort zentralisieren.

Halle (kna / tdh) ˆ Die Kirchen in den neuen Bundesländern können nach Auffassung des katholischen Religionspädagogen Dieter Emeis (Münster) auch für den Westen zum Vorbild für die Vermittlung christlicher Werte werden. Im Osten gebe es bereits neue Formen des Gottesdienstes speziell für Nicht-Christen, sagt Emeis in einem Interview der Katholischen Nachrichten- Agentur. Als Beispiel nennt er die Feiern der Lebenswende als Alternative zur Jugendweihe. Der emeritierte Religionspädagoge nimmt für das laufende Wintersemester die Lehrstuhlvertretung für Religionspädagogik am neu gegründeten Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik der Universität Halle-Wittenberg wahr.

Die Situation in Ostdeutschland würden Theologen inzwischen als so genannte neue Diaspora bezeichnen, sagt Emeis. "Das ist nicht mehr eine konfessionelle Minderheit in einer im Übrigen doch christlich geprägten Umwelt, sondern die Christen verschiedener Konfessionen leben gemeinsam in einer kirchen- und christentumsfremden Umgebung." Dennoch seien viele Menschen auf der Sinnsuche und erwarteten auch ohne konfessionelle Bindungen von den Kirchen Lebenshilfe. "Diese Situation wird auch in den alten Bundesländern zunehmend auf uns zu kommen."

Trotz des geringen Katholikenanteils in Ostdeutschland tritt Emeis für eine dezentrale Theologenausbildung in den neuen Bundesländern ein. Zur Überlegung, die Theologie in Ostdeutschland auf einen Ort zu konzentrieren, etwa auf Erfurt, meint Emeis: "Die Erfahrung scheint dafür zu sprechen, dass man mehr Menschen erreicht, wenn man nicht zentralisiert." Die Studenten am Institut in Halle stammten alle aus der Umgebung und wären wohl nicht an eine andere Universität gewechselt, um das Fach zu studieren.

Für Emeis sei die Eröffnung des Instituts ein Risiko gewesen, weil unklar war, welche Studenten sich einschreiben würden. Derzeit handele es sich bei den zehn angehende Religionslehrerinnen und -lehrern, überwiegend um Bewerber für die Sekundarstufe zwei. "Wenn man bedenkt, dass das Dresdner Institut für Katholische Theologie vor zehn Jahren mit fünf Studierenden angefangen hat und dort heute rund 100 sind, können auch wir zuversichtlich sein, dass sich der Standort entwickelt. Ich bin auf jeden Fall sehr hoffnungsvoll", so Emeis.

Die derzeitigen Studenten beschreibt Emeis als "sehr motiviert". Sie "kommen überwiegend aus sehr lebendigen kirchlichen Lebenszusammenhängen. Aber ich habe auch eine Studentin, die nicht getauft ist und die vom katholischen Religionsunterricht in der Schule so angesprochen wurde, dass sie das Fach jetzt belegt."

Auf die Frage, wie sich die Gründung des Institutes in Zeiten leerer Kassen rechtfertigen lasse, antwortet Emeis: "Die Versorgung der Schulen in Sachsen- Anhalt mit Religionsunterricht ist nach wie vor sehr schlecht. Mit dem Institut soll die personelle Situation mittelfristig verbessert werden." Derzeit unterrichteten etwa 90 Religionslehrer und kirchliche Mitarbeiter etwa ein halbes Prozent aller Schüler in Sachsen-Anhalt. "Das ist selbst bei einem Katholikenanteil von sechs Prozent sehr wenig." Die Situation könne man aber nicht mit den westlichen Bundesländern vergleichen. "Viel stärker als dort werden die Religionslehrer hier an mehreren Schulen eingesetzt." Emeis spricht sich in diesem Zusamenhang auch für die verstärkte Entwicklung von Kooperationsmodellen mit den evangelischen Kirchen aus.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.01.2004

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