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Bistum Erfurt

Kirche ist kein Museum

Der neue Erfurter Kunstbeauftragte Falko Bornschein

Falko Bornschein Erfurt -Falko Bornschein ist ein Ästhet. Die Kunststile, die Formen, das Handwerk vergangener Zeiten sind nicht nur sein Steckenpferd, sondern sein Beruf. Dem studierten Lehrer für Mathematik und Kunsterziehung und promovierten Kunsthistoriker interessiert aber nicht nur das Material, das so eindrucksvoll gestaltet wurde, sondern auch die Menschen, die dahinter stehen. Wie haben sie gedacht, gefühlt, geglaubt? Das herauszufinden, hat Falko Bornschein jetzt reichlich Gelegenheit, denn seit dem 1. Januar ist er offizieller Beauftragter für das Kunstgut im Bistum Erfurt und löst damit seinen langjährigen Vorgänger, Dr. Günther Lucke, ab. Für Bornschein ist dies nicht nur eine ehrenvolle Aufgabe, sondern eine Herausforderung, die ihn ganz in Anspruch nehmen wird, denn in kaum einem anderen mitteldeutschen Bistum ist so viel sakrale Kunst vorhanden wie im Bistum Erfurt.

Das Lehrerstudium war für Falko Bornschein eher ein Sprungbrett zu intensiveren Forschungen. "Ich wollte eigentlich von Anfang an Kunstgeschichte studieren", gesteht er. Die Lehrerausbildung mit anschließendem Forschungsstudium im Fach Kunstgeschichte war eine der begrenzten Möglichkeiten an einer DDR-Universität. 1991 promovierte er in Leipzig mit einem Thema über spätmittelalterliche Grabplastik. Ursprünglich habe er sich zwar für die Kunst der Antike interessiert, aber durch die Mauer war dieses Thema "nicht greifbar" gewesen, bedauert er. Rom und Athen waren hinter dem Eisernen Vorhang eben unerreichbar.

Wenn Bornschein heute durch den Kreuzgang, die Domwerkstatt oder über den Domberg geht, dann betritt der 40-jährige Vater von zwei Kindern, der mit seiner Familie aus dem anhaltinischen Naumburg stammt, kein unbekanntes Terrain. Schon nach Beendigung seines Forschungsstudiums arbeitet er für das Bistum Erfurt. Zunächst im Domarchiv. Dann erfasste er das gesamte Kunstgut am Dom und arbeitete über die Restaurierungsgeschichte der Glasfenster, eine Tätigkeit, die nicht nur kunsthistorisches Gespür, sondern auch eine Engelsgeduld erforderte. Immerhin kann man die Restaurierungsgeschichte der Erfurter Glasfenster bis ins Jahr 1493 zurück verfolgen -in mehreren Bistumsarchiven lagern darüber rund eine viertel Millionen Seiten, die Bornschein alle gesichtet und aufgearbeitet hat. Die Arbeit an der Geschichte der Glasfenster war für ihn auch hinsichtlich der Baugeschichte des Domes interessant und fruchtbringend. Zudem betreut er heute das Kunstmagazin des Bistums, in dem die verschiedensten Werke gelagert werden

Die Stadt Erfurt beeindruckt den Kunsthistoriker Bornschein natürlich besonders, denn hier, sagt er, gebe es das Mittelalter buchstäblich zum Anfassen. Jetzt ist er aber nicht für die Kunst auf dem Domberg, sondern für das gesamte Bistum zuständig -etwas, was zu seinem ohnehin breiten Aufgabenfeld dazukommt. Eine Mehrbelastung, die dem Wissenschaftler aber offensichtlich nichts ausmacht. Schließlich habe sein Vorgänger in den letzten 13 Jahren "hervorragende Arbeit" geleistet, was die Erfassung der Kunstgüter im Bistum angeht, die weitgehend abgeschlossen ist.

Für Falko Bornschein geht es aber nicht nur um die Statistik, die Betreuung und die Restaurierung von Kunstwerken, sondern auch um Inhalte, die Gedanken, die Menschen, die hinter den Objekten stehen, denn, so ist der evangelische Christ überzeugt, die Vergangenheit erzählt je auf ihre Weise von Gott. "Die Erhaltung der Kunst ist eine wichtige Aufgabe", beschreibt er seine neue Tätigkeit, "mich interessiert aber nicht nur die Stilgeschichte, sondern vor allem, wer hat damals was aus welchen Gründen geschaffen und was waren seine religiösen Anliegen. Dann erst beginnt die Sache lebendig zu werden." Eine Kirche sei eben kein Museum, sondern sei von Menschen geschaffen worden, die mit dem Gebäude und den Gegenständen gelebt haben. Andreas Schuppert

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 15.01.2004

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