Das Kleid anpassen
Strukturreform im Bistum Erfurt
Bischof Joachim Wanke hat einen Brief zur bevorstehenden Strukturreform im Bistum Erfurt geschrieben. Der TAG DES HERRN veröffentlicht einen Auszug:
Manches kann nur bleiben, wenn es sich verändert. Diese Wahrheit gilt nicht nur für den Staat und die Sozialsysteme, sondern auch für die Kirche. Sie gilt auch für das Bistum Erfurt ... Ich fasse mein Anliegen in das Bild: Unsere Erfurter Ortskirche muss ihr Kleid den veränderten Gegebenheiten anpassen. Das geschieht derzeit auch in anderen Bistümern, zum Teil unter großen Schmerzen. Mir liegt daran, in unserem Bistum rechtzeitig auf absehbare Entwicklungen zu reagieren. Vorausschauend handeln, erspart in der Zukunft Ärger und Ratlosigkeit.
Meine Vision für Thüringen ist eine Ortskirche, die bei ihrer Grundaufgabe bleibt: Das Evangelium Jesu Christi auf den Leuchter zu stellen, damit möglichst viele Menschen mit dem "Licht von oben", mit der guten Botschaft des Evangeliums in Berührung kommen können.
... Meine Bitte geht an alle Gläubigen, jetzt und in naher Zukunft notwendig werdende Veränderungen mitzutragen und in ihrer Bereitschaft zur Mitarbeit im kirchlichen Leben nicht nachzulassen. Wir alle müssen beweglicher werden, die Priester und Diakone, die Ordensleute, die in der Seelsorge und Caritas Tätigen, aber eben auch unsere Gemeinden mit ihren Kirchenvorständen, Räten, Gruppen und Vereinen. Beweglich in doppelten Sinn des Wortes: Dass wir zum Beispiel den Gottesdienst dort aufsuchen, wo er gefeiert wird, gegebenenfalls eben auch an einem anderen Ort, und beweglich in dem anderen Sinne, dass wir über den Raum der eigenen gewohnten Pfarrei hinausdenken. Die Gemeinden eines engeren Umfeldes müssen in Zukunft mehr noch als bisher zusammenrücken. Sie müssen lernen, gemeinsam zu denken, zu planen und zu handeln. Es wird einfach nicht möglich sein, überall in gewohnter Weise gleichsam vor der Haustür das volle kirchliche Angebot präsent zu halten. Aber wer guten Willens ist, muss dieses Angebot in seiner Nähe finden und wahrnehmen können.
... Ich möchte besonders auf zwei Veränderungen aufmerksam machen, die in den kommenden Jahren in unserem Bistum greifen werden. Das eine ist die Verringerung der bisher 14 Dekanate ab Januar 2005 auf nur sieben Dekanate, drei Dekanate im Eichsfeld und vier Dekanate in der thüringischen Diaspora. Zum anderen wird sich in den kommenden Jahren auch die Zahl der Pfarreien verringern. Etwa 40 kleinere Pfarreien sollen Filialgemeinden werden und dann einer größeren Pfarrei zugeordnet sein. Das wird voraussichtlich in zwei zeitlich versetzten Schritten vor sich gehen: Ein erster Schritt soll 2005 erfolgen und ein weiterer Schritt einige Jahre später.
Mit diesen vorausschauenden Veränderungen möchte ich zweierlei erreichen: Zum einen soll in den Dekanaten noch eine hinreichend große Anzahl von lebensfähigen Pfarreien einschließlich hauptamtlicher Mitarbeiter vorhanden sein. Diese Pfarreien können sich dann besser untereinander helfen. Zum anderen kann ich mit der Reduzierung der Zahl der Pfarreien den weniger werdenden Pfarrern ermöglichen, die Arbeit in den ihnen anvertrauten Orten so zu organisieren, dass kein bürokratischer Leerlauf entsteht.
Eines möchte ich aber sofort mit dieser Ankündigung verknüpfen: Mir liegt daran, dass alle Gläubigen sich wie bisher, ja vermutlich noch in gesteigertem Maß, für das Gemeindeleben an ihrem konkreten Ort verantwortlich wissen. Das gilt besonders dort, wo ein Priester nicht mehr am Ort wohnt und der zuständige Pfarrer von mir noch mit der Sorge um weitere Gemeinden betraut werden muss ... Als Bischof werde ich dafür sorgen, dass solche Gemeinden ohne Priester am Ort auch in Zukunft -wenn sie einen einsatzbereiten Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat haben -ihre finanziellen und sonstigen Belange selbst regeln können. Nirgends soll die Eigeninitiative gelähmt und örtliche Verantwortung beschnitten werden. Aber es muss auch kleiner gewordenen Gemeinden, die dies wollen, rechtlich die Möglichkeit eingeräumt werden, enger mit anderen Gemeinden zusammenzuarbeiten und nicht mehr leistbare Verantwortung abzugeben ... Dafür soll in den nächsten Jahren die Reform ... vorausschauend Sorge tragen.
Eine Bitte möchte ich zum Schluss allen Gläubigen vortragen: Bleibt treu beim Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes! Unser christlicher Lebenshaushalt braucht den regelmäßigen Sonntagsgottesdienst, sonst trocknet unser Glaube aus.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 12.03.2004