Der Dialog kann Vorurteile aufbrechen
Christen haben bei der Integration von Ausländern eine wichtige Verantwortung

Erfurt (as) -Die Thüringer sind nicht politikverdrossen, auch wenn sie sich die politische Praxis manchmal etwas anders vorstellen. Sie vertreten zum überwiegenden Teil die Ziele der Demokratie, sind aber durchaus kritisch gegenüber deren Vertretern -das waren zunächst die positiven Botschaften von Michael Edinger und Dr. Andreas Hallermann, zwei der vier Autoren des "Thüringen-Monitors", einer sozialwissenschaftlichen Studie der Universität Jena über die politische Kultur im Freistaat.
Auf Einladung des Thüringer Ausländerbeauftragten, Eckehard Peters, stellten Edinger und Hallermann ihre Ergebnisse am vergangenen Samstag in einem Seminar in Erfurt vor. Schwerpunkt: Migration, Ausländerpolitik und Rechtsextremismus.
Ausländer waren an diesem Vormittag zahlreich erschienen, denn trotz ihres geringen Anteils in Thüringen, der bei etwa 1,8 Prozent der Gesamtbevölkerung liegt, ist ihre Situation auch hier nicht gerade rosig. Dass die Thüringer ein ambivalentes Verhältnis zum Fremden haben, zeigt sich an den Ergebnissen des Thüringen- Monitors. Bei den Antworten der rund 1000 Befragten könne man "schon manchmal schaudern", sagt Andreas Hallermann. So seien 54,8 Prozent der Befragten zum Beispiel der Meinung, dass Ausländer nur nach Deutschland kämen, um den Sozialstaat auszunutzen. Fast 56 Prozent sind der Ansicht, dass "die Bundesrepublik durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet ist." Und immer noch 25,1 Prozent meinen, dass Ausländer ihre Ehepartner unter den eigenen Landsleuten auswählen sollten.
"Wir verzeichnen einen leichten Anstieg der Ausländerfeindlichkeit in Thüringen", resümiert Hallermann. Die Gründe sieht der Politikwissenschaftler vor allem auch in den wirtschaftlichen Veränderungen in Deutschland. "Die zurzeit diskutierten massiven Einschnitte in die sozialen Sicherungssysteme bieten offenbar einen geeigneten Nährboden für eine sozioökonomisch motivierte Ausländerfeindlichkeit."
Besonders gegen die Meinung, dass Ausländer nur nach Deutschland kämen, um den Sozialstaat auszunutzen, gibt es heftigen Protest aus dem Publikum. "Viele ausländische Bürger arbeiten hier und zahlen ihre Steuern genauso wie alle anderen auch", wehrt sich eine Afrikanerin heftig. Das sieht der Ausländerbeautragte des Freistaates, Eckehard Peters, ähnlich, verschweigt aber auch nicht die Probleme. Die Arbeitslosigkeit unter den Ausländern liege in Thüringen mit rund 38 Prozent doppelt so hoch als bei den Deutschen. Die Vereinzelung vieler der 34 000 in Thüringen lebenden Ausländer mache zudem eine Integration schwierig -ein Drittel von ihnen habe keinen dauerhaften Aufenthaltstitel, rund 40 Prozent seien von Versicherungs- oder sozialen Leistungen abhängig.
Das nähre die Vorurteile vieler Thüringer gegenüber Fremden -hier hätten vor allem die christlichen Gemeinden eine wichtige Verantwortung, ist der Katholik Eckehard Peters überzeugt. Besonders mit Aussiedlergruppen müsse man versuchen, ins Gespräch zu kommen. "Ideologische Reden nützen nichts", so Peters. Nur durch konkrete "Ich-Du-Erfahrungen" und den lebendigen Dialog der Kulturen könnten Vorurteile dauerhaft aufgebrochen werden.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 12.03.2004