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Auf zwei Minuten

Wo sind deine Wurzeln?

Die Wurzeln verbinden uns mit dem Leben Gottes, lassen Leben spendende Kraft zu uns aufsteigen.

Pater Damian

Ich gehe gern in Parks spazieren, weil es dort - im Gegensatz zu unseren Wäldern - noch mächtige alte Bäume gibt. Sie sind wie ausgeprägte "Persönlichkeiten", verschieden von einander nach Art und Wuchs, nach der Härte des Holzes, wie auch Menschen verschieden sind. Sie sind nicht stumm für mich, sondern erzählen eine je eigene Geschichte. "Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit" (Hermann Hesse). Ob sie Wind und Wetter durch viele Jahre widerstehen können, hängt zum großen Teil von ihren Wurzeln ab. Haben sie starke, weit verzweigte und tiefe Wurzeln, können sie manches Unwetter und auch Trockenperioden überleben. So können sie uns zum Sinnbild unseres Lebens werden.

Der Prophet Jeremia vergleicht den Menschen, der sich gläubig auf Gott verlässt, mit einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist: "Gesegnet der Mann, der auf den Herrn sich verlässt und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt, er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, unablässig bringt er seine Früchte" (Jer 17,7-8). Anhand dieses Bildes könnte man Glauben beschreiben als Verwurzelung in Gott. Die Wurzeln verbinden uns mit dem Leben Gottes, lassen Leben spendende Kraft wie Nährstoff zu uns aufsteigen, traditionell "Gnade" genannt. Wer so seine Wurzeln tief in Gott versenkt hat, den können zwar Unglück und mancherlei Schläge treffen, aber sie können ihn nicht völlig umwerfen und zerstören. Aus dem Baumstumpf wächst ein Reis hervor, das die Hoffnung auf neues Wachstum wachhält. Die Verbindung mit Gott ist nicht abgebrochen: "Meine Seele hängt an dir" (Ps 63,9).

Menschen, die so im Glauben in Gott verwurzelt sind, können einander Trost, ja so etwas wie Heimat bedeuten. Die Schülerin Nicole Cosic hat das im Bild des Baumes gesagt: "Ich wünsche mir einen Menschen, der wie ein Baum zu mir ist; einen Menschen, der mir zuhört wie ein Baum. Einen Menschen, mit dem ich beisammen sein kann, wie mit einem Baum. Er würde mit seinem Blätterdach Trauer von mir fernhalten und Schatten spenden vor meiner Verzweiflung. Und auch ich selbst möchte für diesen Menschen ein Baum sein, ihn mit meinen grünen Blättern sacht umfangen und ihn, wenn er unruhig ist, mit dem sanften Rauschen meiner Blätter in den Schlaf singen. Und unser Vertrauen, unsere Liebe, unser Beisammensein sollte wachsen, sich verwurzeln und doch immer neu sein, wie das Kleid eines Baumes, das er Jahr um Jahr abwirft und von neuem kraftvoll und schön hervorbringt."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 12.03.2004

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