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Auf zwei Minuten

Flammende Eifersucht

Liebende müssen einander einen offenen Freiheitsraum lassen, damit sich jeder weiterentwickeln kann

Pater Damian

Peter ist zehn Jahre mit Helga verheiratet. Sie lieben sich innig und verstehen einander gut. Eines Tages trifft Helga einen Jugendfreund, den sie ins Haus einlädt. Erinnerungen an alte Zeiten werden wach, es gibt intensive Gespräche. Helga entdeckt, dass der Jugendfreund und sie vieles im Empfinden und Denken gemeinsam haben. Es wird ein schöner Abend. Aber dann stellt Peter sie zur Rede und macht ihr Vorwürfe. Seine Eifersucht flammt auf. Er hat Angst, dass Helga ihm nicht ihre ganze Liebe und Zuwendung - auf die er doch vermeintlich ein Anrecht hat - gibt, sondern sie auch dem Jugendfreund schenkt ...

Neid und Eifersucht haben viel gemeinsam miteinander, so dass im alltäglichen Sprachgebrauch für "Neid" oft "Eifersucht" gesagt wird. Genau genommen, liegen die Dinge bei Eifersucht aber etwas anders. Ein Wörterbuch der philosophischen Begriffe definiert: "Eifersucht ist die quälende bis zu leidenschaftlichem Hass sich steigernde Furcht, die Neigung einer geliebten Person oder den Besitz eines Wertes oder Gutes mit einem anderen teilen zu müssen oder zu verlieren." Das Gefühl der Eifersucht ist weniger unangenehm als Neid, weil es im Dienste der Erhaltung der alten Zustände steht.

Der Eifersüchtige ist meist ein Mensch, der vor allem geliebt werden muss, der von außen bestätigt haben muss, dass er liebenswert ist und dass er wichtig und bedeutsam ist. So weist die Eifersucht auf einen Mangel im Selbstwert, auf das Fehlen der Überzeugung, grundsätzlich ein liebenswerter Mensch zu sein. Der Psychologe und Psychotherapeut Erich Fromm hat gezeigt: Eifersucht entsteht dann leicht, wenn die geliebte Person im Sinne des "Habens, statt des ,Seins'" gesehen wird, wenn damit Gedanken des Eigentums verbunden werden. Liebende können sich nicht gegenseitig alles bedeuten. Sie müssen einander einen offenen Freiheitsraum lassen, damit sich jeder weiter entwickeln kann. Gefühle der Eifersucht sind nicht zu vermeiden. Man kann besser damit umgehen, wenn sie als Herausforderung, als Anruf des Lebens, mehr wieder das individuelle Selbst zu betrachten, verstanden werden.

Wenn ein eifersüchtiger Mensch zum Ausdruck bringt, dass der Partner, die Partnerin sich für keinen anderen Menschen interessieren, sich von keinem anderen Menschen anregen lassen darf, tritt er dann nicht wie Gott auf der sagt: "Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben"?

Es ist bemerkenswert, dass von Gott an vielen Stellen in der Bibel ausgesagt wird, dass er eifersüchtig ist, zum Beispiel Ex 20,5: "Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott." Als Aussage von Menschen ist Eifersucht etwas Negatives und weist auf einen Mangel hin. Ein "eifersüchtiger" Gott aber bedeutet: Er liebt den Menschen mit unendlicher Liebe und beansprucht ihn ganz. Aber gerade in seiner schöpferischen Liebe setzt er den Menschen frei, bringt ihn auf den Weg der Entwicklung und Reifung.

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 13 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.03.2004

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