Vom Atmen und Leben
Ein Beitrag von Pater Damian Meyer
Als Kinder fanden wir manchmal an einem kühlen Maimorgen einen Maikäfer, der vor Kälte ganz klamm war und sich kaum bewegte. Da nahmen wir ihn auf die Hand und hauchten ihn so lange an, bis er sich erwärmte, schließlich seine Flügel öffnete und davonfiog. Wir hatten ihn durch die Wärme unseres Atems zum aktiven Leben gebracht. Als ich dann später im Religionsunterricht ("Biblische Geschichte") von der Erschaffüng des Menschen hörte, erinnerte ich mich daran, wie wir durch unseren Atem die Maikäfer lebendig gemacht haben. Ich kam mir wie ein kleiner Schöpfer vor! Heißt es doch im zweiten Schöpfüngsbericht, dass Gott durch seinen Lebensatem Leben geschaffen hat: "Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen" (Gen 2,7). Das hebräische Wort ruach, das hier verwendet wird, bedeutet neben "Atem", "Lebenshauch" auch "Geist":
"Sendest du deinen Geist (Atem, Lebenshauch) aus, so werden sie alle erschaffen, und du emeuerst das Antlitz der Erde" (Ps 104,30).
In Jesus Christus, dem Mensch gewordenen Wort Gottes, ist der Schöpfer immer bei den Menschen und erhält sie am Leben. Mehr noch: Er schenkt neues Leben, schafft ihn neu, re-formiert ihn nach dem Bilde Gottes. Als der auferstandene Herr den versammelten Jüngern erscheint, sagt er zu ihnen: "Friede sei mit euch!.. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an uns sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!"( Joh 20,31-32). Die verängstigte und verzweifelte Schar der Jünger wird neu geschaffen. Die Worte "hauchen" und "Geist" spielen an auf den Schöpfiingsakt, wie er in Gen 2 dargestellt wird. Durch Jesu stellvertretenden Sühnetod und seine Auferstehung gewinnt der Mensch, der an ihn glaubt, ein neues Sein: "Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfüng: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden" (2 Kor 5,17). So ermahnt der Epheserbrief (4,24): "Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit." Die Benediktinerin Silja Walter spricht diese Wahrheit in einem Gedicht aus:
"Hinter verriegelten 1 Toren 1 wart ich/ auf nichts mehril Und da steht Eril Osternil Und er spricht/ Fürchte dich nicht/ und haucht min in mein Gesicht/I So einen vergisst nie mehrl was er istl wie er heißt/ Niemehrverloren und/ Neugeboren-im-Heiligen-Geist/ Kind Gottesil Neue Schöpfling."
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.05.2004