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Bistum Dresden-Meißen

"Wir brauchen Lobbyisten für Gott"

Dresdner Kolpingsfamilien feierten ihr 150-jähriges Bestehen

Gruppenbild mit Bannern: Nach dem Abschlussgottesdienst vor der Hofkirche

Dresden (tdh/kpi) -Ihr 150- jähriges Bestehen haben die Dresdner Kolpingsfamilien am vergangenen Wochenende gemeinsam mit vielen Gästen aus Ost und West gefeiert. Ein Gedächtnisgottesdienst auf dem Alten Katholischen Friedhof rief zu Beginn der Feierlichkeiten besonders die Anfänge des Verbandes in Dresden in Erinnerung.

Nur drei Jahre nachdem er in Köln den ersten Katholischen Gesellenverein gegründet hatte, begann Adolph Kolping einen Briefwechsel mit dem Dresdner Pfarrer Josef Lorbacher wegen der Gründung eines Vereins in der Elbestadt. Kurz darauf kam Kolping zu Besuch. Vor Priestern und im "Verein katholischer Glaubensgenossen" legte er seine Sorgen um die wandernden Handwerksgesellen dar, die aus dem Blickfeld der Gesellschaft zu geraten drohten. Er fand Verständnis für seine sozialen Gedanken und bereitete so die Gründung des Dresdner Gesellenvereins am 5. März 1854 vor -gleichzeitig der erste in Sachsen. Zwei Monate später zählte der Verein zwölf Mitglieder, bis 1866 hatte sich ihre Zahl verzehnfacht. Ab 1924 bildeten sich mehrere Kolpingsfamilien auf Pfarrebene in Dresden.

Um einem Verbot unter dem Nationalsozialismus zu entgehen, wird der Zentralverband 1933 in "Deutsche Kolpingsfamilie" umbenannt. Aus den Gesellenvereinen werden "Kolpingsfamilien". Dennoch bleiben die Vereinsmitglieder nicht von Repressalien verschont. Das Vereinsvermögen wird beschlagnahmt, außerkirchliche Betätigung verboten. Vorträge und Predigten werden bespitzelt, Vereinsvorsitzende verhaftet. Während des Zweiten Weltkriegs kam die Arbeit des Verbandes praktisch zum Erliegen. Die meisten Kolpingbrüder mussten Militärdienst leisten. Der Dresdner Kolpingpräses, Kaplan Nerger, starb bei den Bombenangriffen auf Dresden am 13. Februar 1945. Mit der Stadt wurde auch das Kolpinghaus zerstört.

Zu den Opfern des Nationalsozialismus zählte auch Kolpingpräses Alois Andritzki, für den derzeit ein Seligsprechungsverfahren läuft. Als Kaplan an der Hofkirche tätig und seit 1939 Dresdner Kolpingpräses, fand er sich nicht mit dem menschenund kirchenfeindlichen Regime der Nationalsozialisten ab. In Vorträgen in der Kolpingsfamilie nahm er zu politischen Tagesund Kriegsereignissen Stellung. Vor allem aber durch seine Tätigkeit als Kaplan und Jugendseelsorger an der Dresdner Hofkirche und seine Kritik am Nationalsozialismus geriet er ins Visier der Gestapo. Am 21. Januar 1941 wird er verhaftet, sechs Monate ins Gefängnis gesteckt und anschließend ins Konzentrationslager Dachau gebracht, wo er 1943 durch eine Giftspritze ermordet wird. Die Gräber von Pfarrer Lorbacher und Präses Andritzki hat die Festgemeinde im Anschluss an den Gottesdienst besucht.

Der langjährige Dresdener Diözesanpräses Johannes Klante und der ehemalige Generalpräses Heinrich Festing erinnerten besonders an die Situation zu DDR-Zeiten. Der Neuaufbau der Kolping-Arbeit in Dresden begann wegen Verordnungen der sowjetischen Besatzungsmacht zunächst hinter verschlossenen Türen. Seit 1950 wurde die alte Tradition der alle zwei Jahre stattfindenden Wallfahrten nach Rosenthal wiederbelebt. 1966 wurden in Dresden erstmals Kolpingschwestern als offizielle Mitglieder aufgenommen.

Wichtige Momente der Kolpingarbeit waren das Katholikentreffen der DDR 1987 sowie der Katholikentag 1994, die jeweils in Dresden stattfanden, und bei denen die Kolpingsfamilien für die Ordnertätigkeit verantwortlich waren.

Das Festprogramm beschränkte sich jedoch nicht auf die Rückschau. In vielen Wortbeiträgen wurde die Zukunft der sieben Dresdner Kolpingsfamilien in den Blick genommen. Bundespräses Alois Schröder rief sie zum Engagement in der Gesellschaft auf. "Wir brauchen Lobbyisten für Gott", sagte er. In der Gesellschaft werde Gott totgeschwiegen. Das beginne in der Familie, am Stammtisch und im Sportverein und reiche bis zur Frage, ob Gott in der Präambel der Verfassung der Europäischen Union erwähnt werde. Auf der anderen Seite sei Kirche durchaus gefragt, vor allem als Serviceleister in ihren zahlreichen Einrichtungen. "Auf diese Weise am Wohl und Wehe der Mitmenschen teilnehmen zu können, ist eine große Chance. Diese sollten wir auch als Mitglieder des Kolpingwerkes nutzen", sagte Schröder.

In diesem Zusammenhang erinnerte er an das im Jahr 2000 bei der Bundesversammlung in Dresden verabschiedete Leitbild mit der darin enthaltenen "Kurzformel" für das Kolpingwerk: "Verwurzelt in Gott und mitten im Leben".

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 20 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 13.05.2004

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