Langeweile im Himmel
Ein Beitrag von Pater Damian Meyer
Es war einmal ein Mann, der starb und sich an einem wunderbaren Ort wiederfand, umgeben von allem erdenklichen Komfort. Ein Mann im weißen Jackett kam auf ihn zu und sagte: ,,Sie können alles haben, was Sie wollen, alle Speisen, alle möglichen Vergnügungen, alle Arten von Unterhaltung." Der Mann war hocherfreut. Tagelang probierte er von all den Delikatessen und Erfahrungen, von denen er auf Erden geträumt hatte. Doch eines Tages wurde ihm das alles langweilig, und er rief den Wärter zu sich und sagte: "Ich bin dies alles müde. Ich brauche etwas zu tun. Welche Art von Arbeit kannst du mir geben?" Der Wärter schüttelte traurig den Kopf und antwortete: "Es tut mir Leid, mein Herr. Das ist das einzige, was wir nicht für Sie tun können. Es gibt hier keine Arbeit für Sie. Worauf der Mann entgegnete: "Eine schöne Bescherung. Ebenso gut könnte ich in der Hölle sitzen." Der Wärter sagte sanft: "Was glauben Sie, wo Sie sind!" (Margaret Stevens).
Der schöne Traum, ohne Arbeit die Früchte des Lebens zu genießen, erinnert an das Märchen vom Schlaraffenland: Es gibt den allzeit gedeckten Tisch, Milch- und Weinbäche; man braucht sich nur faul hinzustrecken, und die gebratenen Tauben fliegen einem in den Mund ...
Dagegen ist das Paradies, das die Bibel schildert, ganz anders. Es ist ein Garten, in dem es etwas für den Menschen zu tun gibt: "Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte" (Gen 2,15). Hier ist die Tätigkeit, die Arbeit dargestellt als wesentliche Bestimmung des Menschen. Darin soll er Sinn und Erfüllung finden, wenn er auch nicht darin ganz aufgehen soll und durchaus am siebten Tag ruhen soll. Der Mensch lebt nicht von der Arbeit allein, aber Dauerurlaub und Untätigkeit machen das Leben unerträglich. Wer seit langem ohne Erwerbsarbeit oder Rentner ist, wird wenigstens versuchen, tätig zu sein in irgendeiner Form: Hobby, ehrenamtliche Arbeit in einem Verein, sozialer Einsatz, Fortbildung und Ähnliches.
Das Fest der Himmelfahrt Christi lässt uns an uns unsere ewige Vollendung denken. Darf man sich überhaupt konkrete Vorstellungen über ein ewiges Leben machen? Wird nicht auch der Himmel als das schönste Fest auf die Dauer langweilig und unerträglich? Kann denn all das, was wir hier auf Erden mit Freude tun und genießen, für eine Ewigkeit für uns interessant sein? Ich meine, man sollte seine Fantasie hier nicht zügellos laufen lassen, sondern sich von Gott überraschen lassen durch das, ,,was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben" (l Kor 2,9).
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 13.05.2004