Jesuiten ziehen sich aus Erfurt-Hochheim zurück
St. Bonifatius wird wieder "normale Pfarrei"
Erfurt-Hocheim (ep) - Auch wenn er erst fünf Jahre in Erfurt ist: Ein bisschen wehmütig ist Pfarrer Pater Ansgar Pohlmann SJ (40) schon zumute. Zum 1. August werden er und seine beiden Mitbrüder das Pfarrhaus und das frühere Studienhaus der Jesuiten in Erfurt-Hochheim verlassen. Damit geben die Jesuiten den in seinen Anfängen bis in das Jahr 1522 zurückreichenden Standort Erfurt auf. Mit einem kleinen Festakt hat die Pfarrgemeinde St. Bonifatius am vergangenen Samstag den Patres für ihr langjähriges Wirken gedankt und sie verabschiedet. Dazu waren auch Bischof Joachim Wanke sowie etliche Ordensleute gekommen, die einmal eine Zeit lang in der Erfurter Jesuiten-Niederlassung tätig waren und gelebt haben.
Pater Ansgar Pohlmann führt vor allem zwei Gründe dafür an, warum die Gesellschaft Jesu den Standort Erfurt aufgibt: "Zum einen ist es der Nachwuchsmangel, der uns dazu zwingt, uns dort, wo es geht, zurückzuziehen. Dies ist hier in einer Pfarrei, wo der zuständige Ortsbischof versprochen hat, einen Diözesanpriester zu schicken, eher möglich als etwa dort, wo wir als Ordensgemeinschaft eine Schule unterhalten, sagt Pohlmann, der 1996 die Pfarrei in Hochheim übernahm. Zum anderen habe der Standort Erfurt zu DDR-Zeiten nach dem Bau der Mauer den Status des Ausbildungshauses für den Jesuitennachwuchs in der DDR gehabt. Diese Bedeutung bestehe heute nicht mehr, da die wenigen jungen Jesuiten aus ganz Deutschland ihr Noviziat in Nürnberg absolvieren.
Für die Pfarrgemeinde St. Bonifatius in Hochheim und ihre Filialgemeinden bedeutet dies einen Einschnitt: Weil das Pfarrhaus von St. Bonifatius zugleich auch Noviziat und Studienhaus der Gesellschaft Jesu war, haben viele Patres und Brüder des Ordens eine Zeit in Hochheim verbracht, was die Gemeinde "sehr bereichert und beschenkt" hat. Künftig wird St. Bonifatius eine normale Pfarrgemeinde sein. Pfarrer in dem katholisch geprägten Hochheim mit seinen Diasporadörfern ringsum wird Gert Schellhorn, der bisher als Seelsorger in Berlingerode war.
Pater Ansgar Pohlmann wird zum 1. August als Diözesan-Priester die Pfarrstelle in Weißenborn-Lüderode im Eichsfeld übernehmen. Er hat um Entlassung aus dem Orden gebeten. Auch Pater Konrad Pohlmann, der bisher die Verwaltungsaufgaben der Hochheimer Jesuiten wahrgenommen hat und bereits Altersrentner ist, geht von Erfurt nach Trier. Pater Klaus Peter allerdings wird als Spiritual in der Priesterausbildung in Erfurt tätig bleiben und damit in einer Aufgabe, die Pater Ansgar Pohlmann zu den typischen Bereichen jesuitischer Arbeit zählt. Es sei vor allem die geistliche Bildung wie etwa die Exerzitien- (zum Beispiel Dresden-Hoheneichen) und die Predigttätigkeit, die von den Anfängen bis heute charakterisch für die Gesellschaft Jesu sei. Jesuiten unterhielten aber auch Schulen und Hochschulen oder seien als Studentenseelsorger wie etwa in Leipzig engagiert.
Heute leben und wirken zirka 500 Jesuiten in Deutschland. In den neuen Bundesländern gibt es in Leipzig, Dresden und Berlin Niederlassungen. Während der Orden des Ignatius von Loyola in Asien wächst, nimmt die Zahl der Mitglieder in Deutschland ab. Dass immer weniger junge Leute Jesuiten oder überhaupt einen Beruf in der Kirche ergreifen wollen, führt Pfarrer Pohlmann, der in den 80er Jahren in Münster Theologie studierte, vor allem auf die "geringe Bewertung der Kirche in der Öffentlichkeit" zurück, so dass sich junge Leute erst gar nicht fragen, ob sie einen Beruf in der Kirche ergreifen könnten.
Der Gemeinde in Hochheim wünschen die Jesuiten jedenfalls Gottes Segen für die Zukunft.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 21.06.2001