Der Heilige Geist als Übersetzer
Ein Beitrag von Pater Damian Meyer
Wer jemals etwas mündlich oder schriftlich von einer Fremdsprache ins Deutsche oder umgekehrt vom Deutschen in eine Fremdsprache übersetzt hat, weiß um die Schwierigkeiten und Grenzen. Da kann es leicht zu kuriosen Missverständnissen kommen. So soll es vor Jahren einmal beim Besuch eines hochrangigen Vertreters der Sowjetregierung in Bonn passiert sein: Man wollte dem Gast sagen, morgen sei Himmelfahrtstag, ein Feiertag. Der sowjetische Politiker verstand jedoch darunter "Tag der Luftwaffe" und erwartete ein entsprechendes Programm.
Es ist zunächst aber erstaunlich, dass der Mensch überhaupt lernen kann, in fremden Sprachen zu hören und zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Das zeigt, dass alle Menschen trotz ihrer Unterschiede nach Rasse und Hautfarbe, Geschlecht, Kultur und Religion im Letzten eine Einheit sind. Der Mensch ist durch seine Denk- und Sprachfähigkeit wesentlich auf Öffnung und Begegnung angelegt, über seine Begrenztheiten von Ort und Zeit und Kultur hinaus. Um den anderen, auch wenn er demselben Kultur und Sprachkreis zugehrt, wirklich zu verstehen, muss er übersetzen. In zweifachem Sinn: Er muss von seinem Standort aus zum Ufer des anderen gelangen, gleichsam einen Fluss überqueren, der zwischen beiden verläuft. Damit Gesprächspartner verschiedener Sprachen einander verstehen, müssen sie sich bemühen, ihr Denken und ihre Vorstellungen in die Sprache des anderen zu übersetzen. Das ist mehr als eine technische Fähigkeit. Es bedeutet: Er versucht, eigene Begriffe und Vorstellungen in das Gedankengebäude und die Symbolwelt, in den Erfahrungshorizont des Partners zu übertragen. Das wird in vielen Fällen wohl nie ganz gelingen, nicht einmal zwischen Gesprächspartnern mit derselben Muttersprache. Man kann leicht aneinander vorbeireden. Immer wieder wird man hören müssen: "Du verstehst mich einfach nicht!"
Wir alle brauchen "Übersetzungshilfen". In einem bekannten Kanon singen wir: "Wer holt uns über ans andere Ufer? Fährmann, Fährmann, Fährmann, hol über!" Wer ist dieser Fährmann? Die Apostelgeschichte berichtet: ,,Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort ...Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab ...Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören!" (Apg 2). Der Heilige Geist schafft Gemeinschaft und Kommunikation zwischen den Menschen mit verschiedenen Sprachen. Wir brauchen ihn als Fährmann und Über-setzer
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 27.05.2004