Das Heilige Grab in Diedorf ist 500 Jahre alt
Fakten und Legenden über eine in Mitteldeutschland seltene Skulpturengruppe
Diedorf (ep) - In diesem Jahr wird das Patronatsfest der St.-Albanus-Gemeinde in Diedorf zu einem ganz besonderen Fest. Die Katholiken des Eichsfelddorfes feiern nicht nur ihren Patron, sondern auch das 500. Jubiläum des so genannten Heiligen Grabes, genauer der Darstellung der Grablegung Christi, in ihrer Kirche. Neben dem hohen Alter ist zudem die gelungene Restaurierung des Kunstwerkes, das an die Szene in der Grabhöhle in Jerusalem erinnert, zu feiern. So erwarten Diedorfs Katholiken an diesem Sonntag viele Gäste. Um 9.30 Uhr wird ein festliches Hochamt stattfinden, bei dem Spiritual Josef Seitz vom Priesterseminar in Erfurt predigen wird. Am Nachmittag startet dann ein abwechslungsreiches Gemeindefest.
Die lebensgroße figürliche Nachbildung der Grablegung Jesu ist im mitteldeutschen Raum eher selten (Gernrode, Görlitz, Zwickau). So eine Darstellung des toten Jesus umgeben von Josef von Arimatäa, Maria Magdalena, Maria, seiner Mutter, Johannes, Maria Salome, Veronika sowie Nikodemus entspricht dem Wunsch der Menschen früherer Tage, die segensreiche Nähe eines Heiligtums zu erleben und hat wohl auch mit früher veranstalteten Osterspielen zu tun. Um so kostbarer ist die Darstellung der Grablegung Jesu, wie sie sich in der Pfarrkirche im eichsfeldischen Diedorf findet und die nun 500 Jahre alt sein soll.
Insgesamt 30 000 Mark hat die Restaurierung gekostet, für die die Erfurter Restauratorin Sandra Schwarze sechs Wochen benötigte. Die Kosten haben sich das Bistum und die Gemeinde geteilt. Wer das Grab geschaffen hat, weiß man nicht. Es muss ein bedeutender Meister gewesen sein, denn die künstlerische Ausdruckskraft erinnert an Albrecht Dürer. Tiefer Schmerz liegt über den acht Männern und Frauen aus der Passionsgeschichte, die der Künstler um den Sarkophag mit dem toten Christus gruppiert hat.
Am Sockel des Sarkophags befindet sich die Inschrift: "In dem Namen des Herrn seligen Gedächtnis Hans Tasch mit seiner ehelichen Gemahlin Elisabeth Gott zu Ehren hat lassen machen dieses Grab nach Christi Geburt 1501. Am Tag (lateinisch: in die) Sankt Egidien." Der Überlieferung zu folge soll das Heilige Grab in einer St.-Egidien-Kapelle vielleicht bei Eisenach gestanden haben. Es soll innerhalb der Wirren des Bauernkrieges um 1525 aus Sorge vor Bilderstürmern bei Mihla oder Eisenach vergraben worden sein. Einer anderen Sage nach ist ein Bauer im Wald auf die Skulpturengruppe gestoßen und hat herausgefunden, dass es sich um das Heilige Grab von St. Egien handelt. Der heutige Pfarrer von Diedorf, Alois Dölle, hat eine plausible Erklärung, aber auch noch weitere Legenden parat, warum sich die Skulpturengruppe heute in der Kirche von Diedorf befindet: Möglicherwiese ist das Heilige Grab für die Kirche im nahe Diedorf gelegenen Katharinenberg angefertigt und am St. Egidien-Tag (lateinisch: in die) fertiggestellt oder geweiht worden. In den Wirren des Bauernkrieges wurde die Darstellung möglicherweise in Richtung Wendehausen im Wald vergraben und später, da die Kirche in Katharinenberg nach der Reformation nicht fertig geworden war, nach Diedorf gebracht. Die Legende dazu: Als der Bauernkrieg zu Ende war, wollten die Katharinenberger ihr Heiliges Grab in ihre Kirche holen, doch die Ochsen wollten nicht den Berg bei Diedorf hinauf den Wagen ziehen. Am nächsten Tag zeigte die Deichsel des noch immer am Hang stehenden Wagens (mit der Figurengruppe) Richtung Diedorf, Zeichen dafür, das Grab nach Diedorf an die Kirche zu bringen.
1728 jedenfalls wurde für die Grablegung eine eigene Kapelle an der Kirche von Diedorf gebaut, die bald zu einem viel besuchten Wallfahrtsort wurde. 1897 musste die Kapelle jedoch einem größeren neuen Kirchenbau weichen und kam in einen Sakristeiraum links neben der Kirche. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es dann an seinem heutigen Platz in einer eigenen Nische an der Nordwand der Kirche aufgestellt.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 21.06.2001