... nicht erst, wenn der Pfarrer ruft
Löbtauer Katholiken spüren von jeher stark ihre Mitverantwortung für das Gemeindeleben
Dresden (dw) -Anders als in mancher anderen Gemeinde war es in Dresden-Löbtau kein Priester, sondern ein Sattlermeister, der vor 100 Jahren die zugezogenen Katholiken zusammenführte. Über Stanislaus Tilgner ist in der Pfarrchronik zu lesen, dass er inständig in der Hofkirche darum bat, zunächst alle vier Wochen einmal einen Priester zu schicken, der mit der neu entstandenen Gemeinde Gottesdienst feiern sollte. Innerhalb kurzer Zeit stellten die Katholiken, die zum Teil als Arbeitskräfte für das neu entstandene Glaswerk in den Dresdner Vorort gezogen waren, ein aktives katholisches Vereinsleben auf die Beine, bauten eine katholische Schule und später die Kirche, die bis heute das Zuhause der Löbtauer Antonius-Gemeinde ist.
Etwas von dem Geist des längst verstorbenen Sattlermeisters, der sich aus eigenen Stücken für die Kirche verantwortlich fühlte, lebt bis heute in der Gemeinde weiter. Davon ist jedenfalls Theodor Anders überzeugt, der von 1962 bis 1974 hier Pfarrer war. Bei einem Gemeindeabend am 11. Juni anlässlich des 100. Pfarreijubiläums erinnerte er an die bis heute lebendigen Familienkreise, die das Leben der Gemeinde prägen, an die Initiativen zum Bau eines Gemeinderaums, besonders aber auch an die Gemeindemitglieder, deren Liebe zur Kirche sich eher im Verborgenen ausdrückt. Von der einstigen Messnerin, Fräulein Weiß, sagte er zum Beispiel, sie habe so viel in der Kirche gebetet, dass die Früchte bis heute zu spüren seien. Über einen Organisten wusste er zu berichten, er habe oft vormittags lange auf der Orgel gespielt, einfach aus purer Begeisterung.
Zu ihrem Jubiläum hatte die Gemeinde alle Seelsorger eingeladen, die hier im Diakonatspraktikum, als Kapläne, Pfarrer oder Gemeindereferentinnen jemals aktiv waren. In einem historischen Rückblick des Chronisten Siegfried Jurthe, beim Anschauen alter Fotos und im geselligen Beisammensein lebte manche Erinnerung wieder auf. Maria Himmel, die 1963 als Seelsorgehelferin nach Löbtau gekommen war, erzählte zum Beispiel, dass mangels einer Alternative in ihren ersten Jahren sämtliche Gemeindeveranstaltungen von der Kleinkindstunde bis zum Religionsunterricht in der Sakristei stattfinden mussten.
1997 haben die Steyler Missionare die Gemeindeleitung übernommen. "Insbesondere die Kapläne öffnen unsere Gemeinde ein Stück auf die ganze Welt hin", freut sich Dagmar Müller. Zuerst hatte die Antonius-Gemeinde einen polnischen Kaplan, es folgten im zweijährigen Wechsel ein Filipino, ein Ghanaer und vor kurzem Vijay Kumar Tirkey aus Indien. Durch die Kapläne, die gleichzeitig in der Gemeinde Cotta eingesetzt sind, wächst gleichzeitig das Miteinander zwischen den benachbarten Pfarreien.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.06.2004