Gotteshäuser machten ihre Pforten auf
Cottbus: Zweite Nacht der offenen Kirchen lockte Besucher mit vielen Angeboten
Cottbus (ks / tdh) -Neun Kirchen in Cottbus öffneten Anfang Juni ihre Pforten zur zweiten Cottbuser "Nacht der offenen Kirchen" -darunter auch die beiden Kirchen der katholischen Christusgemeinde, die Christuskirche und die Edith-Stein-Kirche. In allen Gotteshäusern war ein ständiges Kommen und Gehen, interessiertes Fragen und Antworten, ein Meditieren, Singen und Beten zu beobachten.
Wochen zuvor hatte sich ein ökumenischer Vorbereitungskreis auf die unterschiedlichsten Themenangebote geeinigt. Außenstehende sollten vor allem angesprochen werden. In den Kirchen des Fußgängerbereiches der Stadt war an diesem lauen Frühlingsabend der Zustrom naturgemäß größer als in den Kirchen im peripheren Bereich. Um auch die abgelegeneren Kirchen zur integrieren, pendelte ein Bus im Halbstundentakt zwischen den Veranstaltungsorten.
"Meine Zeit steht in deinen Händen" überschrieb das Team der katholischen Edith-Stein- Kirche ganz im Süden der Stadt sein Angebot für diese Nacht. Die Besucher waren eingeladen, den katholischen Kirchenraum zu entdecken. Zur ersten der jeweils 20-minütigen Einstimmung waren 30 Neugierige gekommen. "Wenn sich hier die Sonntagsgemeinde versammelt, lässt sie für eine Stunde ein Stück Alltag zurück, um Zeit für Gott zu haben", sagte Christine Schirmer in ihrer Begrüßung und ergänzte: "Es ist ein herausgehobener Raum, ein Raum der Sammlung und der Feier." Einige interessierte Fragen kamen aus dem Publikum. Etwa "welchem Zweck dient die rote Lampe, der Beichtstuhl, der Kreuzweg, oder das Rauchfass ...?" Dem Frage- und Antwortspiel folgte ein kurzer Meditationsteil mit Psalmengebet und Fürbitten. Fast alle Teilnehmer jeden Alters schrieben Gebetsgedenken oder Wünsche auf vorbereitete Zettel und legten sie vor dem Altar nieder. Insgesamt an die 100 Besucher zählten die Verantwortlichen in der Edith-Stein-Kirche in dieser Nacht.
Etwas mehr, etwa 130 Interessierte schauten bei der Christuskirche herein -meist Christen aus evangelischen Gemeinden der Stadt, die die katholische Kirche bisher nur von außen kannten. Überschrieben war das meditative Angebot hier mit den Worten: "Licht, das die Nacht erhellt". Die Fassade der 150-jährigen Kirche war von Scheinwerfern angestrahlt, Kerzen erhellten den Eingangsbereich, das Kircheninnere blieb zunächst fast vollständig dunkel. Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung von Kirche und Gemeinde wurde über Lautsprecher Görlitz (rs / tdh) -"Gottes Liebe grenzenlos" prangte in großen Buchstaben über dem Altar im Görlitzer Stadtpark, dahinter ein bunter Regenbogen, geschwungen wie eine Brücke. Unter diesem Thema kamen rund 700 Gläubige am 13. Juni zur deutsch-polnischen Fronleichnamsfeier in der Neißestadt zusammen -auch wenn das Wetter an diesem Tag nicht so recht mitspielen wollte. "Trösten wir uns mit Schiller", scherzte Bischof Rudolf Müller zu Beginn der Feierlichkeiten und zitierte: "Soll das Werk den Meister loben, doch der Segen kommt von oben". Einigermaßen geschützt unter einem Meer von Schirmen lauschten die Anwesenden dann den Worten des Bischofs. In seiner Predigt griff er die Geschichte der geteilten Stadt Görlitz auf, die derartige grenzenlose Feiern lange Zeit nicht möglich machte. "Das traurige Ergebnis des Zweiten Weltkriegs hat Görlitz zur Grenzstadt gemacht. Hüben und drüben lebten Menschen des gleichen katholischen Glaubens. Die Frage war: Erweist sich dieser Glaube als tragfähig genug, eine Brücke zueinander zu schlagen?" Und sein Appell an die Gläubigen lautete: "Lasst uns nicht nachlassen in der Verkündigung der Botschaft, dass Gottes Liebe grenzenlos ist." Auch das Fronleichnamsfest ist dabei ein Schritt in diese Richtung. "Fronleichnam ist ein eucharistisches Fest, es feiert Christus als Lebensbrot. Zum anderen gehört zu Fronleichnam der öffentliche Charakter", so Müller. Das Fest sei "eine Darstellung des Christentums vor der Welt" und das habe etwas mit "katholischem Selbstbewusstsein zu tun". "Gottes Liebe ist grenzenlos", griff der Bischof am Ende seiner Predigt noch einmal das Thema der Feierlichkeiten auf. Ein besonderes Zeichen der Grenzenlosigkeit setzte Altbischof Bernhard Huhn bereits vor mehreren Jahren: 1972 nahm er an einer Fronleichnamsfeier im polnischen Teil der Stadt teil. "Vor der St.-Bonifatius-Kirche in Zgorzelec gab es damals ein einziges Plakat in deutscher Sprache. Darauf standen nur zwei Worte: ,Mütze ab!', erinnerte sich Bischof Müller an die Zeit zurück. Mit den Jahren besserten sich die Beziehungen. Doch selbst nach der Wende war eine gemeinsame Fronleichnamsfeier noch nicht einfach möglich, denn der Bundesgrenzschutz konnte Kontrollen nicht wegfallen lassen und die Grenze öffnen. Erst 1992 war es dann geschafft: Die erste gemeinsame und grenzüberschreitende Fronleichnamsfeier fand statt. Inzwischen gehört es in der nunmehr "grenzenlosen" Stadt zur Normalität, dass Feierlichkeiten gegenseitig besucht werden. Und so war auch am Sonntag nach Fronleichnam Prälat Jan Baptist Mycek von St. Bonifatius zusammen mit weiteren polnischen Priestern und Gläubigen zu Gast im Stadtpark. die "Ansprache einer Kerze" vorgetragen. Im Anschluss an die Geschichte wurden viele Kerzen als Symbol der Hoffnung angezündet -eine besondere Atmosphäre für jeden Anwesenden. Auch später sah man immer wieder einige Leute schweigend, teils eng umschlungen vor diesem Lichtermeer verweilen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.06.2004