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Bistum Erfurt

Die Integration schreitet voran

Seit eineinhalb Jahren gehört die Katholisch-Theologische Fakultät zur Universität Erfurt

Erfurt (ep) - Wer René Pachmann, Elisa Eichberg oder Daniel Rudloff fragt, wo sie studieren, bekommt ganz selbstverständlich die Antwort: An der Universität Erfurt. Die drei jungen Leute des vierten Semesters gehören dem Jahrgang von Erfurter katholischen Theologiestudenten an, die es beinahe gar nicht mehr anders kennen: Für sie war die Katholisch-Theologische Fakultät fast von Beginn ihres Studiums an Teil der Universität Erfurt. "Wir nutzen die Bibliothek auf dem Campus, wir sind als Theologen mit vier Stimmen im Studierendenrat vertreten, wir beteiligen uns am Hochschulstraßenfest - wir gehören einfach dazu", sagt René Pachmann (23) aus Jena.

Zur Erinnerung: Zum 1. Januar 2003 wurde die bis dahin eigenständige (kirchliche) Katholische Fakultät Erfurt nach langen Verhandlungen zwischen Kirche und Freistaat Thüringen in die Universität integriert. Zuvor war bereits über mehrere Jahre eine enge Kooperation gewachsen. Jetzt ist im Blick auf eines der Ziele dieser Integration ein weiterer Schritt gemacht worden: Um den Austausch zwischen den verschiedenen Disziplinen an der Uni auch institutionell zu befördern, wurde das "Interdiszi-plinäres Forum Religion der Universität Erfurt" (IFR) gegründet: Katholische und auch evangelische Theologen, Historiker und Literaturwissenschaftler sowie die Religionswissenschaftler haben die Institution geschaffen, um gemeinsame Forschungsziele zu verfolgen und ihre Doktoranden besser begleiten zu können.

"Während anderenorts das Verhältnis zwischen Religionswissenschaftlern und Theologen nicht selten gespannt ist, kooperieren wir hier sehr gut", sagt der Dekan der Theologischen Fakultät und Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann. So habe es in den zurückliegenden Wintersemestern gemeinsame Ringvorlesungen über "Religion und Gewalt " und "Heilige Schriften" gegeben. Und auch im nächsten Semester sei ein derartiges Angebot geplant, bei dem Vertreter verschiedener Disziplinen aus ihrer Sicht sprechen. Das Thema wird "Mahnung und Warnung. Die Lehre der Reli-gion über das rechte Leben" heißen. Als mögliches künftiges Forschungsobjekt des IFR nennt Kranemann den Schwerpunkt Rituale.

Student und Priesteramtskandidat Daniel Rudloff (29) aus Bernburg bestätigt die gute Kooperation: "Nicht nur wir als Theologen, sondern auch die Kommilitonen der anderen Fächer können von der Integration der Theologie in die Universität profitieren", sagt Rudloff. So habe das Seminar "Soziale Gerechtigkeit aus richterlicher und seelsorglicher Sicht", welches der Fundamentaltheologe Michael Gabel gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des Thüringer Landessozialgerichts, Martin Stoll, anbot, Studierende verschiedener Fakultäten zusammengeführt. Aber etwa auch an den Kirchengeschichtsvorlesungen würden Studenten anderer Fakultäten teilnehmen.

Für Interessierte aller Fächer offen seien auch die Ringvorlesungen innerhalb der Theologischen Fakultät. Im noch laufenden Semester lautet das Thema: "Ethik in der Krise - Ethik für die Krise". Die neue Professorin für christliche Sozialwissenschaft, Elke Mack, hielt zum Beispiel in diesem Rahmen ihre Antrittsvorlesung zum Thema "Globale Ethik". Die so genannten jährlichen Kreuzganggespräche, die diesmal dem Thema "Europa - christliches Abendland. Kirche und Gesellschaft im (noch) christlichen Europa" gewidmet waren, stünden ebenfalls allen Interessierten offen, so Rudloff. Veranstalter sind Katholisch-Theologische Fakultät und das Katholische Forum Thüringen.

Wer Theologie und ein weiteres Fach studieren wolle, könne auf Probleme etwa durch Überschneidungen beim Vorlesungs- und Seminarangebot stoßen, sagt danach gefragt Theologiestudentin Elisa Eichberg (20) aus Hoy-erswerda. Derartige Schwierigkeiten gebe es aber auch bei anderen Fächerkombinationen. Ihrer Überzeugung nach ist es jedenfalls machbar, die Theologie mit einem anderen Fach zu verbinden.

Auch im zwischenmenschlichen Bereich bestehen nach Angaben der Studenten inzwischen gute Kontakte: "Die Religionswissenschaftler haben uns Theo-logen zur Weihnachtsfeier eingeladen", erzählt René Pachmann. "Und wenn wir einmal in der Woche Fußball und Volleyball spielen, kommen auch Studenten anderer Fakultäten dazu."

Auch Dekan Kranemann sieht die Theologische Fakultät an der Uni Erfurt "sehr gut aufgenommen". Vor allem sei bereits eine gute Vernetzung in Lehre und Forschung im Bereich des allen Studenten offen stehenden Studium fundamentale gelungen, so der Liturgiewissenschaftler. Es gebe gute Kontakte zur Philosophischen und zur Erziehungswissenschaftlichen Fakultät. Und auch die Einarbeitung der theologischen Literatur in die Universitätsbibliothek gehe gut voran. "Es herrscht gegenüber der Theologie eine sehr, sehr offene Atmosphäre", so der Dekan. Für den Herbst sei die Einweihung der so genannten Villa Martin geplant, in der Büros der Professoren, aber auch ein Seminarraum entstehen. "Das wird die Präsenz der sonst in der Erfurter Domstraße 10 ansässigen Theologie auf dem Campus noch einmal verstärken", hofft der Professor.

"Bei aller Integration und damit verbundenen Veränderungen wird auch an Traditionen der früheren Hochschule festgehalten", sagt Elisa Eichberg. So gebe es mit dem Dies academicus weiterhin einen Exkursionstag der Theologen, der sie in diesem Bonifatiusjahr nach Fulda führte. Aber auch der Hausmusika-bend in der Adventszeit findet weiter statt. Dazu sind die Kommilitonen der anderen Fakultäten natürlich eingeladen.

Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 28 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 08.07.2004

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