Eheleute trotzen dem Alltagstrott
"Ein Partnerschaftliches Lernprogramm": Kommunikationskurse können Beziehungen beleben
Dresden (dw) -"Wenn mir etwas nicht passt, versuche ich heute, Vorwürfe zu vermeiden und stattdessen einfach zu sagen, wie ich mich gerade fühle", erzählt Sabine Stark aus Bautzen. Mit ihrem Mann Freddy hat sie vor knapp zwei Jahren in Schmochtitz an einem EPL-Kommunikationskurs (Ein Partnerschaftliches Lernprogramm) für junge Paare teilgenommen. Ein "Verwöhnabend", bei dem von Zeit zu Zeit ein Ehepartner dem anderen Gutes tut, bereichert die Beziehung ebenfalls seit dem EPL-Kurs. Dass der Kurs bis heute nachwirkt, lag durchaus in der Absicht der Veranstalter.
Ordinariatsrätin Barbara Köhler aus der Pastoralabteilung des Bistums Dresden-Meißen hatte EPL vor einigen Jahren in Freiburg kennen gelernt. Dort und in einigen anderen Bistümern stieß man, besorgt über die wachsenden Scheidungsraten auch bei christlichen Ehen, bereits vor 20 Jahren auf diese Form des Kommunikationstrainings.
Die Methode stützt sich auf wissenschaftliche Untersuchungen, denen zufolge das Gelingen von Ehen und Partnerschaften weniger von äußeren Umständen abhängt. Entscheidender für die Zufriedenheit mit der eigenen Beziehung ist vielmehr, ob die Partner gut miteinander reden, ob sie sich in ihrer Unterschiedlichkeit annehmen und wie sie Meinungsverschiedenheiten austragen und Probleme lösen.
In drei Durchgängen wurden auf Initiative von Barbara Köhler in den letzten vier Jahren deshalb auch im Bistum Dresden-Meißen ehrenamtliche Trainer für EPL ausgebildet. 22 Frauen und Männer aus fast allen Dekanaten haben teilgenommen und seither an verschiedenen Orten des Bistums die ersten Kurse angeboten.
Dabei üben sie mit den Teilnehmern Kommunikationsregeln ein, die ihnen helfen sollen, sich gegenseitig besser kennen und verstehen zu lernen, ihre Hoffnungen und Ängste offen auszusprechen. Eine dieser Regeln ist die, an die sich Sabine Stark besonders häufig erinnert: Den Partner nicht mit pauschalen Vorwürfen zu überhäufen, sondern stattdessen zu sagen, welche Gefühle sein Verhalten bei einem selbst hervorruft. Die persönlichen Gespräche, denen in den Kursen viel Zeit eingeräumt wird, finden zwischen den Partnern statt, räumlich getrennt von den anderen Paaren. Die Trainer stehen ihnen dabei nur so lange als Ratgeber zur Seite, wie sie selbst das wünschen.
Bis die Paare die Kommunikationsregeln nicht nur einstudiert, sondern auch verinnerlichen, vergeht nach Erfahrung der Bautzener EPL-Trainerin Gabriele Richter etwas Zeit. Den Partner zu loben, werde irgendwann ein inneres Bedürfnis. Sie hat beobachtet, dass es meistens die Ehefrauen waren, die die Initiative zur Kursteilnahme ergriffen. Die Männer waren dann aber in der Regel diejenigen, die sich zuerst in den Kursablauf hineinfanden.
Freddy Stark hat übrigens auch am Arbeitsplatz gute Erfahrungen mit den EPL-Regeln gemacht. Wenn er bei dem schwierigen Kollegen, den er ja sowieso nicht ändern kann, Gelegenheiten zum Loben sucht, nimmt er ihm damit häufig den Wind aus den Segeln.
Eine professionelle Therapie kann ein EPL-Kurs nicht ersetzen. EPL wendet sich deshalb nicht an Paare, die schwerwiegende Konflikte haben und denen es schon längere Zeit nicht gelungen ist, sich zu versöhnen.
Gabriele Richter empfiehlt den Kurs besonders jungen Paaren ungefähr bis zum fünften Ehejahr, die ihre Beziehung vertiefen möchten. Für länger verheiratete Paare gibt es ein vergleichbares Angebot unter dem Namen KEK (Konstruktive Ehe und Kommunikation), auf das sich im Bistum Dresden-Meißen von September an die ersten Kurstrainer vorbereiten.
Der offensichtliche Erfolg von EPL-Kursen hat auch in der evangelischen Kirche viele überzeugt. Bei einer Untersuchung mit Paaren, die vor mindestens fünf Jahren geheiratet hatten, hat sich herausgestellt, dass 23 Prozent der Paare ohne EPL-Kurs sich in der Zwischenzeit getrennt hatten, bei den Paaren mit EPLKurs dagegen waren es nur vier Prozent. An den bisherigen Kursen im Bistum haben neben katholischen Teilnehmern auch evangelische und ungetaufte teilgenommen, mit guter Resonanz. Das zum Programm gehörende Gespräch über grundlegende Werte für die Ehe hat deshalb auch die unterschiedlichen Teilnehmergruppen im Blick. Den katholischen Paaren wird für dieses Gespräch der katholische Trauritus zur Hand gegeben, den evangelischen der Trauritus ihrer Kirche und den nichtchristlichen eine allgemeine Wertetafel.
Durch viele positive Echos fühlt sich Barbara Köhler bestärkt, EPL und KEK im Bistum weiterhin zu fördern. "EPL ist eine gute Anregung, die Partnerschaft im Alltagstrott mehr in den Vordergrund zu holen", hat ihr ein Teilnehmerpaar geschrieben.
EPL-Kurse finden entweder verteilt auf sechs Abende oder kompakt an einem Wochenende oder an zwei Samstagen statt. In nächster Zeit sind folgende Termine geplant:
In der Chemnitzer Propstei beginnt am 13. September ein Kurs über sechs Samstage jeweils drei Stunden nachmittags oder abends. Kompaktkurse werden vom 15. bis 17. Oktober im Bischof- Benno-Haus Schmochtitz und vom 22. bis 24. Oktober im Internationalen Begegnungszentrum Marienthal angeboten. Bei der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Dresden, Dr.-Friedrich- Wolf-Straße 2, ist ein Kurs am 26. und 27. November sowie am 3. Dezember geplant, Anmeldung unter Tel. (0351) 804 44 30. Informationen gibt es in der Pastoralabteilung des Bistums, Tel. (0351) 336 47 03.Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 22.07.2004