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Dekanatsreform im Bistum Görlitz

Die einen haben es schon getan, die anderen werden es noch tun. In den deutschen Diasporabistümern werden aufgrund der Katholikenzahlen Pfarreien zu Seelsorgeeinheiten zusammengefasst und Dekanate umstrukturiert. Auch im Bistum Görlitz wird es ab dem 1. September Veränderungen geben. Der TAG DES HERRN sprach darüber mit Generalvikar Hubertus Zomack.

Herr Generalvikar, aus den bisher fünf Dekanaten im Bistum Görlitz werden drei. Warum?
Dieser Schritt ist ein Teil der Umsetzung des Pastoralplanes für das Bistum Görlitz, der am 16. Oktober 2001, dem Festtag unserer Bistumspatronin, der heiligen Hedwig, von Bischof Rudolf Müller offiziell verabschiedet wurde. Dieser Plan schlägt vor, im Bistum Seelsorgeeinheiten zu schaffen, die auch die kleinen Gemeinden zukunftsfähig machen. Die Umstrukturierung der Dekanate soll ermöglichen, dass die pastoralen und Verwaltungsaufgaben bei sinkenden Katholikenzahlen auch in den nächsten Jahren erfüllt werden können.
Die neue Struktur hat auch ganz profane Gründe?
Zunächst ergibt sie sich aus den Erfordernissen in der Seelsorge. Derzeit hat das Bistum Görlitz fünf Dekanate. Bei in Zukunft 20 Seelsorgeeinheiten würde das pro Dekanat vier Seelsorgeeinheiten bedeuten, was ein Anachronismus wäre. Deshalb wird sich jetzt die Zahl der Dekanate verringern. Bei deren Festlegung haben wir aber auch die politischen Gegebenheiten berücksichtigt. Das Bistum Görlitz erstreckt sich bekanntlich über zwei Bundesländer. Dies bedeutet, dass nicht nur Dekanate, sondern auch Pfarreien Landesgrenzen überschreiten, was mitunter zu kuriosen Konstellationen führt. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel zur Pfarrkuratie Lauta gehört, aber in Hosena wohnt, schließt er das Abitur mit der 13.Klasse ab. Wohnt er direkt in Lauta, verlässt er schon mit der zwölften Klasse die Schule. Ähnlich unterschiedlich ist es mit der Ferienregelung. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. So hat die Bistumsleitung beschlossen, die Dekanatsgrenzen entsprechend den Landesgrenzen zu ziehen.
Welche Auswirkungen haben die Veränderungen auf die Gemeinden?
Für die Gemeinden wird es diesbezüglich keine großen Veränderungen geben, die sich nicht auch schon in der Praxis durchgesetzt hätten. Dort, wo es Veränderungen in der Zugehörigkeit gibt, haben wir uns bemüht, die gewohnten Strukturen der neuen Form anzupassen. So werden die bisherigen Dekanate Cottbus und Neuzelle zum Dekanat Cottbus / Neuzelle und der brandenburgische Teil des Dekanates Senftenberg sowie das Dekanat Finsterwalde / Lübben zum Dekanat Lübben / Senftenberg zusammengefasst. Das Dekanat Görlitz / Wittichenau befindet sich im sächsischen Bereich. Schwerpunkte sind die große Pfarrei Wittichenau und Neuzelle als Wallfahrtsort. Vergessen werden sollen aber auch nicht die Gebiete der extremen Diaspora wie Lübben oder Lübbenau. Deshalb auch die Doppelnamen.
Spricht man von den sinkenden Katholikenzahlen, dann auch davon, dass Immobilien und sogar Kirchen nicht mehr gebraucht werden. Wies steht es damit im Bistum?
Für meine Amtskollegen im Westen habe ich da einen Calauer parat: "Ihr habt den Barock, wir haben den Barack." Unsere Baracken können wir leichter abreißen, ohne dass dabei kunsthistorische Schätze verloren gehen. Dennoch haben sie die Menschen oft über Jahrzehnte geprägt. Was den Erhalt der Kirchen angeht, müssen wir ebenfalls Schwerpunkte setzen und dort etwas tun, wo es noch lebendige Gemeinden gibt. Die Mittel sind in den letzten Jahren weiter geschrumpft. Bisher haben wir nur eine Kirche in Hörlitz entwidmen müssen. In Zukunft wird das aber auch für uns zum Problem werden. Aktuell sind keine Entwidmungen oder Veräußerungen von Kirchen vorgesehen.
Was kann der Einzelne tun, damit Gemeinde in Zukunft lebensfähig bleibt, vielleicht sogar wächst?
Nach der Wende hatte man gehofft, dass im Osten Deutschlands eine Bekehrungswelle einsetzt oder sich die Zahl der Katholiken durch Zuzug aus dem Westen erhöht. Ich persönlich stand damals beiden Theorien skeptisch gegenüber. Leider haben sich die Hoffnungen nicht erfüllt. Als Pfarrer habe ich die Gläubigen dazu ermutigt, politische Verantwortung zu übernehmen, und sie auch ein Stück auf diesem Weg begleiten dürfen. Christliche Werte in die Gesellschaft zu tragen, halte ich für eine wesentliche Aufgabe, die die Gläubigen heute haben. Und das vor allem in den weniger spektakulären Bereichen der Gesellschaft. In Vereinen, Gremien der Kommunalpolitik oder als Schöffen an Gerichten. Ein großes Betätigungsfeld ist natürlich weiterhin die Sozialarbeit. Das ist in den großen Verbänden wie bei der Caritas, den Maltesern, aber auch in der schlichten Nachbarschaftshilfe möglich. Aber nicht als Notgemeinschaft wie in der DDR, sondern aus der Überzeugung heraus, dass der andere wichtig ist, weil er als Mensch eine unveräußerliche Würde besitzt.

Interview: Andreas Schuppert

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.08.2004

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