Den Glauben in der Fremde bewahrt
Eine Historiker-Tagung in Jauernick beschäftigte sich mit dem Alltag von Glaubensflüchtlingen
Jauernick (as) -An den Stränden Italiens landen Afrikaner, die später abgeschoben werden. Täglich häufen sich die Nachrichten über Flüchtlinge, die meist aus wirtschaftlichen Gründen woanders ihr Glück suchen. Nicht so in früheren Zeiten: Denn da war es vor allem der Glaube, der die Menschen in die Fremde trieb. Mit "Glaubensflüchtlingen" beschäftigte sich eine Tagung von 52 Historikern, zum großen Teil wissenschaftlicher Nachwuchs, vom 26. bis 29. Juli im Jauernicker St. Wenzelslausstift. Zu der Veranstaltung hatte das Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte mit Sitz in Regensburg eingeladen. Hochkarätige Referenten aus dem deutschsprachigen Raum stellten ihre Arbeitsergebnisse vor.
"In Anbetracht tagespolitischer Fragestellungen wundert es nicht, dass sich auch Historiker mit dem Thema Migration beschäftigen", sagt der Stuttgarter Professor Joachim Bahlcke, einer der Moderatoren der Tagung. Gleichzeitig sei in der historischen Forschung aber auch eine deutliche Hinwendung zu religionsgeschichtlichen Fragestellungen zu beobachten.
Vor allem um die religiöse Alltagskultur der Fremdlinge im 16. bis 18. Jahrhundert ging es, die aus Glaubensgründen ihre Heimat verließen. Dabei zeigte sich, dass die Glaubensflüchtlinge auch in der Fremde eine erstaunliche Kontinuität bewahrten, ihre Traditionen pflegten und damit ihre Kultur am Leben hielten. Bahlcke: " Wenn es um religiös motivierte Zwangsmigration geht, heißt das, dass Religion eine wichtige Rolle im Leben derer spielt, die migrieren." Die Flüchtlinge hätten ihre Glaubenshaltung und ihre religiöse Praxis nicht abgelegt, sich wohl aber erstaunlich gut in die neue Gesellschaft eingefügt. "Spektakulär sind hierbei nicht die militärischen Auseinandersetzungen um den Glauben, sondern das Leben der kleinen Leute, die ihren Alltag fern der Heimat bewältigen mussten."
Der Ort der Tagung war bewusst gewählt. "Das Gebiet um Görlitz ist geprägt von Vertreibung und Heimatverlust", sagte der erste Vorsitzende des Institutes für ostdeutsche Kirchenund Kulturgeschichte, Monsignore Paul Mai. Seit seiner Gründung habe es sich das Institut zur Aufgabe genmacht, "die Geschichte der Katholiken jenseits von Oder und Neiße" zu erforschen.
Nach der Vertreibung entstand 1951 in Hildesheim der "Arbeitskreis für ostdeutsche Kultur- und Kirchengeschichte", 1952 in Verbindung mit dem Schlesischen Priesterwerk eine "Akademie für ostdeutsche Kultur und Geschichte" in Königstein. 1954 wurde sie umgewandelt in das "Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren- Schlesien" und "Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschiche". Zur Erforschung der schlesischen Kirchengeschichte schreibt das Institut in Verbindung mit dem Schlesischen Priesterwerk jährlich drei Themen aus, für deren Bearbeitung ein Stipendium für Reiseund Sachkosten zur Verfügung gestellt wird -das Kardinal-Bertram- Stipendium.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.08.2004