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Ausländische Journalisten übten sich begeistert in den deutschen Medien aus
Ludwigshafen -Ausgerechnet an einem Montagmorgen Ende Juli stehen 14 junge, deutsch sprechende Journalisten aus acht ost- und mitteleuropäischen Ländern in Ludwigshafen nacheinander ohne Vorwarnung vor laufender Kamera. Sie sollen spontan einen Beitrag in deutscher Sprache aufnehmen. Die anspruchsvolle Aufgabe erhalten sie beim "Ostkurs", einer Fortbildung, veranstaltet vom katholischen Institut zur Förderung des journalistischen Nachwuchses (ifp) und geleitet von Bernhard Rude.
Die meisten Ostkurs-Teilnehmer sehen im Ludwigshafener ifp-Fernsehstudio zum ersten Mal ins gläserne Auge der Kamera. Aufregung liegt in der Luft, Unruhe oder starre Anspannung in den Bewegungen der Seminarteilnehmer. Einige denken darüber nach, was sie sagen sollen, doch das Verhalten vor laufender Kamera ist zunächst schwer planbar. Es ist doch befremdlich allein im Studio zu stehen und sich vor einem Aufnahmegerät darzustellen! Zu wem sprechen, zu wem lächeln, wohin mit Blicken und Händen? Diese Fragen stellen sich alle, bewusst oder unbewusst. Nachdem der Sprung ins kalte Wasser geschafft ist, gilt es die Resultate in großer Runde anzusehen und zu bewerten. So ergibt sich eine lehrreiche und auch humorvolle Veranstaltung. Manche Journalisten finden es lustig, wie sie sich selbst oder die Kollegen auf dem Bildschirm präsentieren. Darauffolgend entstehen immer professionellere journalistische Beiträge: Fernseh-Interviews der Teilnehmer untereinander zu verschiedenen Themen und abschließend ein Gespräch mit dem Landrat des Rhein- Pfalz-Kreises, Werner Schröter, Leseübungen mit dem Teleprompter -dem Textanzeiger für die Moderatoren. Außerdem heißt es auch, Rundfunk-Interviews und Straßenumfragen in Ludwigshafen aufzunehmen, für fast alle Seminarteilnehmer ein Novum. Zum Schluss herrscht Staunen darüber, wie viel Medienpraxis in nur vier Seminartagen realisierbar ist
Zur Abwechslung erlebt die Gruppe mit wie im Druckzentrum der Tageszeitung "Die Rheinpfalz" die aktuelle Zeitung unter Einsatz modernster Technik spät am Abend auf Papier kommt. Interessierte, anregende Fragen zu den Inhalten der Rheinpfalz beantwortet Chef vom Dienst Peter Leister.
Fragen, Schreiben, Beten und Deutschland erkunden
In den zwei Wochen bevor es ins Rundfunk- und Fernsehstudio ging, beschäftigte sich die internationale Seminargruppe vorwiegend mit Printmedien. Dabei war Augsburg Seminarstandort und die familiäre und herzliche Atmosphäre im Benediktinerhaus "Sankt Stephan" trug zum Einleben und Wohl der von fern gereisten Journalisten entscheidend bei, so die allgemeine Meinung.
Gleich am Anfang feierte der Augustinerpater Roger Gerhardy, Direktor des ifp die heilige Messe gemeinsam mit den Seminarteilnehmern, denn das Gebet schafft Gemeinschaft.
Berichte, Pressefotos und Reportagen zu selbst recherchierten Themen entstanden unter Anleitung der ifp-Referenten, die die journalistische Arbeit der ausländischen Teilnehmer in deutscher Sprache kritisieren, aber auch immer wieder loben mussten. Nicht ausgelassen blieben die neuen Medien, denn ein Seminartag lief unter dem Thema: "Internet von und für Journalisten". Lebendige Beiträge zur deutschen Landeskunde waren Städtebesichtigungen sowie die Besichtigung der Bayerischen Staatskanzlei, wo zu Europa- Themen referiert und diskutiert wurde.
Süddeutschen Zeitung und dem Bayerischen Rundfunk ermöglichten den Austausch mit einigen Redakteuren sowie einen hautnahen Einblick in ihr Arbeitsumfeld. Ihrerseits staunten die deutschen Journalisten über das Alter der mittel- und osteuropäischen Kollegen. Mit 23 Jahren ist die russische Seminarteilnehmerin Anna Litvinenko Chefin vom Dienst bei der deutschsprachigen "Sankt Petersburgischen Zeitung". Im gleichen Alter ist Alexandru Nebejea Redakteur bei der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Mit Vorliebe verglichen die ausländischen und deutschen Journalisten die Medienlandschaften ihrer Heimatländer. Dabei zeigten sich große Unterschiede in der Themenwahl, ihrer Bearbeitung, im Layout der Printmedien. Gemeinsam aber halten alle eine freie Presse in einer demokratischen Gesellschaft für erstrebenswert.
Journalisten wollen Demokratie stärken helfen
Die Entwicklung der freien Presse in den ehemaligen kommunistischen Ländern Europas zu fördern, nahm sich die katholische Journalistenschule Anfang der neunziger Jahre als konkrete Aufgabe vor. So entstand die Idee, junge deutsch sprechende Journalisten bei einem jährlichen Sommerseminar, der "Ostkurs", zu schulen. 1993 fand der erste Ostkurs statt, seitdem besuchten ihn über 160 Journalisten aus Aserbaidschan, Armenien, Bulgarien, Litauen, Moldawien, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Ukraine und Weißrussland. Das katholische Hilfswerk Renovabis, die KNA-Promediastiftung und der Katholische Pressebund aus Bonn sowie der Förderverein des ifp, gegründet von Absolventen, finanzierten das Seminar.
Diana Campean
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.08.2004