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Auf zwei Minuten

Freude suchen gehen

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

Momente des Glücklichseins und der Freude scheinen reine Geschenke zu sein, die wir nicht beliebig herbeiführen können. Sie hängen von der jeweiligen Lage der Dinge, aber auch von unserer inneren Disposition und Stimmung ab. Bedeutet das: Wir können nichts tun, um unsere Stimmungen zu steuern und die kleinen Freuden des Alltags herbeizuführen? Nein, es ist auch eine Frage unserer bewussten Einstellung, der Offenheit, der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit des Herzens. Doris Reinthaler sagt in einem Gedicht: "Ganz bewusst werde ich mich jetzt aufmachen / und Freude suchen gehen. / Alle meine Sinne schicke ich aus, um Beute zu finden und ein frohes Herz. / Es ist mir nämlich ein wenig abhanden gekommen / zwischen Stundenplänen, Hausaufgaben, Beruf, Essenkochen, Tagesschau und Fiebermessen. // Da Sehenkönnen auch mit Sehenwollen zusammenhängt, / und der richtige Blick zum Staunen führt, / werde ich mich jetzt aufmachen / und Freude suchen gehen. Die kleine Rose dort nickt mir schon zu."

Die Welt erscheint mir voller staunenswerter Wunder und Schönheiten, wenn ich mich ihr mit allen Sinnen öffne: Der Duft des Jasmin im Garten, der Gesang des kleinen gelben Girlitz auf der Fichtenspitze vor meinem Arbeitszimmer, das lächelnde Baby in der Straßenbahn. Und im Urlaub können der Anblick einer schönen Landschaft, die Berge, das Meer, eine Kathedrale, ein Kunstwerk im Museum, ein Konzert Quelle der Freude sein. Wie es im zitierten Gedicht heißt, hängt Sehenkönnen mit Sehenwollen zusammen. Um etwas Sinnvolles zu erleben und darüber Freude zu empfinden, braucht es die Öffnung aller Sinne.

Für den Glaubenden gründet die Freude an der Schöpfung im Schöpfergott. Er weiß, wen er loben und preisen und wem er danken kann. Der nach Martin Luther bedeutendste und bekannteste evangelische Kirchenlieddichter Paul Gerhardt hat 1653 nach den Wirren und Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges dieses schöne Lied gedichtet: ,,Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben." In der vierzehnten Strophe des Liedes bittet der Dichter, selbst Blume und Pflanze im Garten Gottes zu sein: ,,Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben."

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.08.2004

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