Anna Luise, die letzte Fürstin
Galerie in der Burg im eichsfeldischen Großbodungen erinnert an Anna Luise von Schwarzburg
Großbodungen / Sondershausen -Mit dem Tod der Fürstin Anna Luise von Schwarzburg (1871 bis 1951) endete vor fast 53 Jahren das letzte Kapitel der Residenzkultur in Thüringen. In der Predigt zum Trauergottesdienst hieß es damals -durchaus kritisch auf die sich immer wendenden und anpassenden Zeitgenossen: " ...es fiel ihnen leicht, heute das anzubeten, was sie gestern verachtet hatten, heute das zu verbrennen, was sie gestern noch angebetet hatten. Zu diesen Menschen gehört die Frau hier im Sarg nicht! Nicht weil sie eine Ewiggestrige gewesen wäre ...nein, weil sie den archimedischen Punkt gefunden hatte, auf dem sie fest stand, als eine Welt aus den Angeln gehoben wurde." Und Anna Luise -eine tief vom Christentum geprägte und getragene Frau -hatte alle aus den Angeln hebenden Eckpunkte der jüngsten Geschichte miterlebt: Nach dem scheinbar sicheren Kaiserreich kam der Erste Weltkrieg, die Zeit der Abdankungen, die Weimarer Republik, der Nationalsozialismus, der Zweite Weltkrieg und schließlich die sowjetisch besetzte Zone, ab 1949 die DDR.
Es ist Gerlinde Gräfin von Westphalen zu Fürstenberg zu danken, dass das Interesse an Anna Luise heute wieder erwacht. Im Rahmen des landesweiten Begleitprogramms zur Zweiten Thüringer Landesausstellung "Neu entdeckt. Thüringen -Land der Residenzen" widmet sich eine von ihr erstellte Ausstellung in der Galerie in der Burg in Großbodungen (Eichsfeld) dieser Fürstin. Eine Anregung dazu kam von Dr. Konrad Scheurmann, dem Generalbevollmächtigen der Zweiten Thüringer Landesausstellung. Im Gespräch mit dem TAG DES HERRN betonte Konrad Scheurmann, dass es während der Konzeption eine der vielen Ideen war, den Herrscher oder die Herrscherin als Menschen vorzustellen, die immer wieder auch nach vielfältigen künstlerischen Ausdrucksformen sucht. Diese Idee wurde am Beispiel der Fürstin Anna Luise in Großbodungen Wirklichkeit. Stehen doch besonders ihre Bilder im Mittelpunkt der Schau. Insgesamt 1500 Negative fand Gerlinde von Westphalen im Staatsarchiv Rudolstadt. Eine Auswahl der Abzüge kann sie derzeit präsentieren. Dabei wird deutlich, dass es sich nicht um Schnappschüsse handelt, sondern um Aufnahmen von großem künstlerischen Wert.
Gerlinde von Westphalen berichtet, dass der Marktflecken Großbodungen ursprünglich zum Gebiet des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen gehörte. So ließ sich leicht eine Verbindung zu Anna Luise herstellen, die die örtliche Wahl des Ausstellungsortes rechtfertigt. An Anna Luise fasziniert Gerlinde von Westphalen besonders die Geradlinigkeit und die innere Treue, mit der es der Fürstin gelang, den Stürmen der Zeit innerlich zu trotzen.
Geboren und aufgewachsen im Schloss Hermsdorf bei Dresden heiratet die gebürtige Prinzessin von Schönburg-Waldenburg im Alter von 18 Jahren Fürst Günther von Schwarzburg- Rudolstadt. Da ihr Mann eher scheu und in sich gekehrt war, oblag es -sofern möglich -der Fürstin, sich den repräsentativen Aufgaben der beiden Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen zu stellen. Besondere Schicksalsschläge waren die Abdankungen von Fürst Günther, sein Tod, die Vertreibung aus ihrer liebgewordenen Heimat Schloss Schwarzburg durch die Nazis und schließlich ihre Verarmung. Letztere hinderte sie jedoch nicht daran, auch mit äußerst begrenzten finanziellen Mitteln karitativ tätig zu werden: So beispielsweise 1950 mit einer Spende an die Herrnhuter Brüdergemeine. Hervorzuheben ist weiter das Engagement Anna Luises und ihre Interessen im kulturellen Bereich. Stellvertretend sei an ihre Förderung der evangelischen Luther-Akademie -einem Vorläufer heutiger Erwachsenenbildung -, an die Unterstützung des Sondershausener Loh-Orchesters sowie an Anna Luises Freundschaft mit Henry van de Velde erinnert.
Besonders hilfreich beim Konzipieren der Ausstellung waren für Gerlinde von Westphalen die Tagebücher Anna Luises. Insgesamt umfassen diese täglich geführten Notizen einen Zeitraum von 60 Jahren. Nach einem ersten Beitrag in der Reihe Bodunger Beiträge widmet sich Gerlinde von Westphalen jetzt dem Schreiben einer Biografie über Anna Luise von Schwarzburg.
Holger Jakobi
Die Ausstellung "Die letzte Fürstin -Anna Luise von Schwarzburg" bis 12. September in der Galerie in der Burg, Großbodungen im Eichsfeld, zu sehen.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 14 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags 11 bis 17 Uhr. Führungen von Gruppen sind bestellbar unter (03 60 77) 219 35. Info im Internet:
www.galerie-in-der-burg.de
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 12.08.2004