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Bistum Görlitz

Der erste Eindruck ist entscheidend

In Peitz kümmert sich das Caritas-Büro um Spätaussiedler

Peitz -Sie weiß, wie den Menschen zu Mute ist. Denn ist sie vor fast zehn Jahren den gleichen Weg gegangen. Tamara Gerber ist Leiterin des Caritasbüros im Landesvertriebenen- und Aussiedleramt in Peitz, einer Außenstelle der Caritas-Kreisstelle Cottbus. Ein kleines Büro im dritten Geschoss eines großen grauen Wohnblocks. An den Wänden hängen Landkarten, Tabellen, Infoblätter, Merkzettel. Ständig klopft jemand an, möchte eine Auskunft, etwas übersetzt haben oder nur ein bisschen reden. Bei Tamara Gerber fühlen sich die Neuankömmlinge in guten Händen. "Ich höre oft einfach zu, und die Frau geht erleichtert wieder weg." Als studierte Lehrerin für Russische Sprache und Geschichte kennt sie sich aus. Ihr zur Seite steht als Teilzeitkraft Ursula Fromelius.

Zurzeit leben etwa 100 Personen im Lager Peitz. "Insgesamt ist der Zustrom an Aussiedlern geringer geworden", sagt Tamara Gerber. "Um die 50 kommen monatlich." Nach einem festgelegten Schlüssel werden 3,5 Prozent der im Zentrallager in Friedland Ankommenden dem Land Brandenburg zugewiesen.

Zwei bis drei Wochen bleiben die Aussiedler in Peitz, bevor sie in ihre neuen Wohnorte weitergeleitet werden. In dieser kurzen Zeit stürmt auf die Menschen mit geringen oder gar keinen Deutschkenntnissen eine Unmenge von Informationen ein. Das beginnt mit dem Ausfüllen von mehrseitigen Formularen und Anträgen, mit dem auch Deutsche ihre Schwierigkeiten haben. Da sind Fragen zu Versicherungen, zu Krankheiten, Suchthilfen, Behinderungen zu klären. Widerspruchsverfahren, Nachzug von Familienangehörigen und vieles andere mehr ist zu klären oder nur zu beraten.

Das Erlernen der deutschen Sprache ist Grundvoraussetzung einer schnellen Integration. Diesem Ziel dienen regelmäßige Gespräche, Singestunden und Märchennachmittage für Kinder. Unlängst war Tamara Gerber mit den Kindern und Jugendlichen zu einem Picknick unterwegs. Wochenendseminare mit Vertretern unterschiedlicher Behörden, Vereinen und kirchlichen Gruppen dienen dem gleichen Ziel und werden gern angenommen.

In einem Erstintegrationsgespräch bekommen die Neuankömmlinge eine ganze Reihe von Schriften geschenkt, zweisprachig versteht sich. Da gibt es ein Journal, das über die neuen Lebenssituationen aufklärt, ein "Neues Testament" und mehrere darunter auch kindgerechte Schriften zu Glauben und Kirche und Auszüge aus dem Gotteslob mit den Grundgebeten. Ursula Fromelius erklärt den Kirchenraum, lädt zum Sonntagsgottesdienst ein und wird dann oft ganz freudig begrüßt, schließlich ist es ein inzwischen vertrautes Gesicht unter vielen fremden Gesichtern!

"Wir sind natürlich für alle offen, aber im Vordergrund steht die Betreuung katholischer Christen", betont Tamara Gerber, die in den ökumenischen Begegnungsnachmittagen in der evangelischen Kirche jeweils freitags den Dolmetscherdienst übernimmt.

Wer die Landesstelle in Peitz wieder verlässt, bekommt ein bischöfliches Begleitschreiben an den neuen Heimatpfarrer mit. Gleichzeitig werden diese Pfarreien informiert. In zwei Räumen ist das Ehepaar Maria und Leonid Pravduk mit ihren vier erwachsenen Kindern aus Kamyschin in Kasachstan untergebracht. Unverkennbarer schwäbischer Dialekt erklingt, wenn Frau Pravduk "schwätzen tut" oder "verzählt". "Nein, die Kirche war in der Stadt -viel zu weit von uns -aber eine Großmutter hatte ein kleines Gebetshaus, wo wir uns immer wieder getroffen haben." In den nächsten Tagen kommen sie nach Rathenow.

"Meine Erfahrungen vor zehn Jahren haben mir gezeigt, wie wichtig unsere Arbeit für alle Menschen in unserer Beratungsstelle der Caritas ist", sagt Tamara Gerber. Ein schönes Zeichen der Verbundenheit sei es immer wieder, wenn sich nach Wochen oder Monaten ehemalige Bewohner des Hauses melden und sich für die Hilfe bedanken.

Klaus Schirmer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 38 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 19.09.2004

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