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Bistum Magdeburg

Verteilpraxis verbessern

Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge tagte in Magdeburg

Magdeburg (ps/epd) -Eine humanere Praxis beim Verteilen von Flüchtlingskindern in Deutschland hat der "Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge" gefordert. Ungeachtet der bisherigen Quotenregelung müssten bei deren Unterbringung stärker familiäre Bindungen oder andere vorhandene Betreuungsangebote berücksichtigt werden, sagte Verbandssprecher Albert Riedelsheimer bei der Herbsttagung der Organisation Mitte Oktober in Magdeburg.

Ende 2003 lebten in Deutschland nach Angaben des Verbandes rund 249 000 Flüchtlinge im Alter bis zu 16 Jahren, darunter zwischen 5000 und 10 000 Kinder und Jugendliche, die ohne Begleitung kamen. Weltweit sind nach Schätzungen zwischen sechs und zehn Millionen Minderjährige getrennt von Eltern und Familien auf der Flucht.

Wenn Eltern von Flüchtlingskindern nicht auffindbar seien, sollte auch die Obhut bei anderen Verwandten oder Landsleuten ermöglicht werden, forderte Riedelsheimer. Zudem seien Betreuungsmöglichkeiten in Ballungsgebieten grundsätzlich besser ausgebaut als in ländlichen Regionen. Der Verband verlange zudem, über 16-jährige allein stehende Flüchtlinge nicht wie Erwachsene zu behandeln, sondern ihnen den nach internationalen Abkommen zustehenden Minderjährigenschutz zu gewähren. Nach dem Asylverfahrensgesetz werden Flüchtlinge ab 16 Jahren Erwachsenen gleichgestellt. Dies bedeutet, dass die Jugendlichen ihr Asylverfahren selbstständig betreiben müssen.

Riedelsheimer kritisierte in diesem Zusammenhang die Methode vieler Behörden, Jugendlichen ohne Dokumente automatisch ein fiktives Alter von mindestens 16 Jahren zuzuweisen. Bei Zweifeln über das Alter eines Flüchtlings sei jedoch eine Gerichtsentscheidung nötig, der eine Expertenanhörung vorausgehen müsse, betonte der Verbandssprecher.

In Deutschland werden Flüchtlinge ab 16 Jahren derzeit nach dem so genannten Erstaufnahmesystem (EASY) auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Basis für die Quotenregelung ist der prozentuale Anteil der Bevölkerung eines Bundeslandes an der Gesamteinwohnerzahl der Bundesrepublik.

Veranstaltet wurde die Tagung in Kooperation mit Refugium e.V. und der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt. Der von Caritas-Mitarbeitern 1997 gegründete und in Magdeburg ansässige Verein Refugium hat bislang 112 Vormundschaften für minderjährige Flüchtlinge übernommen (TAG DES HERRN berichtete), sagte Mitarbeiter Roland Bartnig. Ein für diese Flüchtlinge gestellter Asylantrag, so Bartnig, führe nur selten zum Erfolg. Mit Glück erreiche ein Vormund wie Refugium eine befristete Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen. Diese schaffe Zeit, den Heranwachsenden in Deutschland unter Umständen Schulbildung und günstigstenfalls eine Berufsausbildung zu ermöglichen, die ihnen bei Rückkehr in ihr Heimatland nützen kann.

An der Tagung in Magdeburg nahmen 60 Fachleute aus ganz Deutschland teil. Neben der Verteilungspraxis wurde die mögliche Unterbringung von Flüchtlingskindern in Pflegefamilien diskutiert. Der in Nürnberg ansässige Verband wurde 1998 gegründet und vertritt die Interessen von Betreuern, Einrichtungen und Vereinen, die sich um junge Flüchtlinge kümmern.

Infos: www.bundesfachverbandumf.de
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 29.10.2004

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