Der Tod bedeutet Hoffnung und Leben
Vor allem ehrenamtliche Mitarbeiter tragen den Christlichen Hospizdienst in Görlitz
Görlitz (as) -Sind es noch Monate, Wochen oder Tage? Reinhard Müller (Name geändert) weiß nicht, wann er sterben muss -er weiß nur, dass es bald geschieht, denn er ist unheilbar krank und "austherapiert", wie es in der Medizinersprache nüchtern heißt.
Menschen am Ende ihres Lebens -sterbenskrank, oft verzweifelt und im Ungewissen. Der Übergang vom Leben zum Tod ist für viele die schwierigste Reise, weil das Ziel unbekannt ist. Begleitet werden sie dabei immer öfter von ehrenamtlichen Mitarbeitern von ambulanten Hospizdiensten -in Görlitz gibt es ihn seit 1996. Inzwischen sind es 25 Hospizhelferinnen und -helfer: Sie sprechen mit den Schwerstkranken, halten ihnen die Hand in der letzten Stunde, beten und singen mit ihnen.
Die gelernte Zahntechnikerin Gabriela Fest aus Görlitz ist schon als Kind und Jugendliche mit dem Thema Sterben in Berührung gekommen. Was passiert mit denen, die sterben müssen, gibt es ein Wiedersehen mit den Toten, fragte sie sich damals. Als Erwachsene ist sie zum evangelischen Glauben gekommen. In ihrer Ausbildung zur Zahnarzthelferin hat sie in der Klinik erlebt, wie sterbende Menschen abgeschoben werden, "in Besenkammern oder Waschräume", wie sie sagt. Ein Erlebnis, das sie zeitlebens geprägt hat. Heute besucht die Hausfrau kranke und sterbende Menschen. "Ich will ihnen zeigen, dass der Tod nicht das Letzte ist, sondern Hoffnung bedeutet", beschreibt sie ihr Anliegen. Im Laufe ihres Lebens ist zu der Überzeugung gekommen, dass Jesus am Ende "auf jeden von uns wartet". Diese freudige Erwartung möchte sie weitergeben. "Wenn ich heute zurückblicke, dann erkenne ich, dass mich Gott geführt hat", ist Frau Fest überzeugt. Der Entschluss, ehrenamtlich in der Hospizarbeit mitzumachen, musste jedoch erst reifen. "Ich habe mich gefragt, ob und wie ich das aushalten kann", erinnert sie sich. Irgendwann hat sie eine Zeitungsannonce des Christlichen Hospizdienstes in Görlitz gelesen und sich gemeldet. Bereut hat sie diesen Schritt bis heute nicht.
Der Dienst am Menschen ist wichtiges Zeugnis
Auch für Regina Pätzold begannen die ersten Erfahrungen mit dem Sterben sehr früh. Durch den Tod von nahen Familienangehörigen, besonders der eigenen Eltern, habe sie sich "sehr damit beschäftigt". Ihren Dienst im ambulanten Hospiz sieht die Katholikin und Ordinariatsrätin, die hauptamtlich als Referentin für die Finanzen des Bistums Görlitz zuständig ist, als Ausgleich zu ihrem Beruf. "Für mich ist dies aber auch eine wichtige Form des Zeugnisgebens", nennt sie einen weiteren Grund für ihr Engagement. "Der freiwillige Dienst, den Christen hier leisten, macht die Leute zumindest stutzig". Große Erwartungen an die Hospizarbeit hatten beide Frauen nicht. "Ich habe zwar auch gezögert, bin aber dann unvoreingenommen an die Aufgabe herangegangen, ein bisschen Unsicherheit ist immer dabei", sagt Regina Pätzold. Wichtig halten beide Helferinnen den regelmäßigen Erfahrungsaustausch und den Kontakt mit den anderen ehrenamtlichen Mitarbeitern des Hospizdienstes, mit denen sie sich mindestens einmal im Monat treffen.
Ehrenamtliche Hospizhelfer und -helferinnen erleichtern Menschen wie Reinhard Müller den Abschied vom Leben. Im Mittelalter waren Hospize Herbergen, die die Pilger und Kreuzfahrer ins Heilige Land aufnahmen. Immer häufiger gehörten später auch Kranke dazu. Heute versteht man unter dem Begriff Hospiz ein umfassendes Konzept. Sterbenskranke Menschen sollen auch in ihrer letzten Lebensphase zu Hause sein können. Dies geschieht in der Regel ambulant, das heißt in der vertrauten Umgebung der eigenen Wohnung durch Besuchsdienste. Es kann aber auch durch speziell eingerichtete Zimmer in Krankenhäusern und Pflegeheimen geschehen und wird unter den genannten Wegen gleichrangig auch in stationären Hospizen verwirklicht.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 04.11.2004