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Bistum Görlitz

Hausordnung für das globale Dorf:

Ausstellung "Weltreligionen - Weltfrieden - Weltethos" in Görlitz

Generalvikar Zomack: Der Dialog braucht ein eigenes Fundament.

Görlitz (as) -"Diese eine Welt braucht das eine Ethos; diese eine Weltgesellschaft braucht keine Einheitsreligion und keine Einheitsideologie, wohl aber einige verbindliche Normen, Werte, Ideale und Ziele." Diese Worte des katholischen Theologen Hans Küng, die er bereits 1990 in seiner Programmschrift "Projekt Weltethos" niedergelegt hat, lesen sich angesichts des heutigen religiösen und politischen Fundamentalismus wie eine verzweifelte Beschwörung auf den Dialog zwischen den Kulturen.

Küngs Vision hat Kreise gezogen. Mitte der 90er Jahre gründete sich auf der Grundlage seiner Ideen die "Stiftung Weltethos", die seit drei Jahren mit einer Wanderausstellung in Deutschland und im Ausland unterwegs ist. Jetzt ist die Schau auch in Görlitz angekommen und bis zum 23. Dezember im Rathaus der Neißestadt zu sehen.

Ohne einen Weltethos gibt es kein Überleben der Menschheit. Das ist die ebenso präzise wie nüchterne Botschaft. Wie aber soll eine solche Ethik begründet werden? Braucht es dafür die Religionen oder reicht die Vernunft aus? Die Ausstellung vermittelt zunächst "ein unabdingbares Basiswissen über die Weltreligionen", erläutert Martin Bauschke von der Stiftung Weltethos. Wenn es einen Konsens im Hinblick darauf geben soll, wie sich die Religionen und Kulturen zueinander verhalten, dann geht dies nicht ohne eine solide Kenntnis voneinander -sie ermöglicht es erst, zwischen Fanatismus und Fundamentalismus und Toleranz und glaubwürdiger Spiritualität zu unterscheiden.

Religionen stehen im Vordergrund. Aber auch nicht religiöse Menschen müssen dem Weltethos zustimmen können. Die ethischen Standards für ein Zusammenleben lassen sich nicht auf religiöse Überzeugungen festlegen. "Dabei geht es um einen Minimalkonsens des Zusammenlebens, um eine Hausordnung für das globale Dorf", meint Bauschke. "Unsere Weltgesellschaft ist dann zivilisiert, wenn sie sich einen Weltethos von gleichen Menschenrechten und -pflichten auferlegt hat."

Angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen scheint diese Option ferner denn je. Dennoch: Der von Bauschke beschworene Minimalkonsens könnte sich im Konzept der "Goldenen Regel" verwirklichen, der in der Ausstellung eine eigene Tafel gewidmet ist. Gut verhält sich der, der den Nächsten genauso behandelt, wie er selbst behandelt werden möchte. Dieses Muster kehrt in modifizierter Form in allen Weltreligionen wieder. "Einen Weltethos muss man eigentlich nicht erfinden, er ist schon da", resümiert Bauschke. Gemeint ist nicht ein religiöser Schmelztiegel, eine diffuse Zustandsbeschreibung paradiesischer Unschuld, sondern die feste, gemeinsame Überzeugung, dass die Menschheit bei der Vielfalt ihrer religiösen Strömungen, politischen Überzeugungen und Kulturen nur gemeinsam überleben kann, wenn es eine Grundstruktur gibt, die von allen getragen wird.

Dazu muss man aber auch wissen, wo man selbst steht. Mit anderen Kulturen und Religionen könne man sich nur auseinandersetzen, wenn man selber ein Fundament für sich gefunden habe, betonte der Generalvikar des Bistums Görlitz, Hubertus Zomack, in seinem Begrüßungswort zur Eröffnung der Ausstellung. "Und deshalb müssen wir uns in Europa wieder um ein Fundament bemühen, so es verloren gegangen ist. Dazu kann die Ausstellung helfen." Von seinem eigenen Fundament her, den Glauben an Jesus Christus, habe der Papst alle Weltreligionen zum gemeinsamen Gebet nach Assisi eingeladen, um für den Frieden zu beten -dabei komme jeder von seinem Glauben, von seinem Ethos her, aber mit der Vision eines gemeinsames Zieles.

Weltreligionen -Weltfrieden -Weltethos, Ausstellung bis 23. Dezember im Görlitzer Rathaus, Öffnungszeiten Montag bis Donnerstag 7 bis 18 Uhr, Freitag 7 bis 14 Uhr, zusätzlich 10. bis 19. Dezember, Freitag 7 bis 19 Uhr, Samstag 14 bis 20 Uhr, Sonntag 14 bis 19 Uhr. Informationen und Anmeldungen für Führungen unter Tel. (0 35 81) 41 22 76. Die Ausstellung wird besonders Schulklassen und Jugendgruppen empfohlen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 11.11.2004

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