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Bistum Görlitz

Die Zeitzeugen sterben aus

Gedenktage wie der Volkstrauertag gewinnen an Bedeutung -Eine Feier in Mengelsdorf

Erinnerung an die Toten: Am Volkstrauertag haben sich Christen wie Nichtchristen auf dem kleinen Soldatenfriedhof in Mengelsdorf versammelt, um der Opfer von Kriegen und ungerechter Gewalt zu gedenken.

Mengelsdorf (as) -Martina Petrauschke ist lange nach dem Zweiten Weltkrieg geboren worden. Bombenangriffe, Flüchtlingsströme und die Angst vor dem Morgen -all das kennt sie nur aus Erzählungen ihrer Eltern, die allerdings auch nur "spärlich waren", wie sie sagt. Dennoch ist sie am vergangenen Sonntag, dem Volkstrauertag, auf den kleinen Soldatenfriedhof in Mengelsdorf gekommen, um an die Opfer der Kriege und der ungerechten Gewalt zu erinnern. "Krieg ist etwas, was niemand erleben will", meint Martina Petrauschke.

Eins fällt sofort auf: Vor allem ältere Leute sind auf dem Friedhof, auf dem 24 deutsche Soldaten, die im Zeiten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, zusammengekommen. Menschen, die die Erinnerung an das Grauen wach halten wollen. Erinnerung ist dann auch das Stichwort für die Feierstunde, zu der die Stadt Reichenbach und die Kirchen eingeladen hatten. Dabei gilt es nicht nur an die sinnlosen Opfer, sondern auch an das Leid der vielen Namenlosen zu denken, die keine Ruhestätte gefunden haben.

"Aber", so der Reichenbacher Bürgermeister Andreas Böhr (CDU), "die Erinnerungen verblassen, denn die Zeitzeugen sterben aus". Deshalb habe man bei den Veranstaltungen in den letzten Jahren immer versucht, auch aktuelle Bezüge herzustellen. "Kriege und Gewalt geschehen täglich vor unserer Haustür. Der internationale Terrorismus hält inzwischen die gesamte Welt in Atem", sagte Böhr. Wichtig ist es für den Bürgermeister, dass Politik und Kirchen gemeinsam auf diesen Tag aufmerksam machen. Denn gerade Gedenkstätten für die Opfer von Kriegen und Gewalt seien Orte, die oft an den Rand gedrängt würden.

Für Martina Petrauschke, die sich auch an der Vorbereitung für die Gedenkfeier in Mengelsdorf beteiligt hat, ist es besonders wichtig, das Anliegen dieses Tages über den Ort hinaus zu tragen. Kirche müsse auch in diesen Bereichen der gemeinsamen Trauer um die Toten präsent sein, meint die Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Reichenbach-Mengelsdorf. Dass die Erinnerung an die Toten auch bei den jüngeren Generationen wach gehalten werde, sei Aufgabe aller: der Schule, der Eltern, der ganzen Gesellschaft.

Der kleine Soldatenfriedhof auf dem Gelände des Caritas- Wohnheimes in Mengelsdorf, der in früheren Jahren von den Schwestern des heiligen Karl Borromäus gepflegt wurde, ist in den vergangenen Monaten neu hergerichtet worden. Großen Anteil daran hatte der Pfarrer von Reichenbach, Dekan Krystian Burczek, und dessen Familie. Sein Vater hat die neuen Einfassungen für die Gräber geschreinert, ein Steinmetz aus Oberschlesien die Tafel mit den Namen der Opfer hergestellt. Für Bürgermeister Andreas Böhr ein sichtbares Zeichen der gemeinsamen Trauer und des Willens um Versöhnung zwischen den Völkern -eine ermutigende Geste im vereinten Europa.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 47 des 54. Jahrgangs (im Jahr 2004).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.11.2004

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