Geistliche Innovation
Ein Beitrag von Pater Damian Meyer
Das Wort "Innovation" ist zu einem beliebten Schlagwort im Munde von Politikern geworden. Es bedeutet Erneuerung, Neuerung (durch Anwendung neuer Verfahren und Techniken). Dabei wissen sie meistens nicht genau, wie die Erneuerung konkret aussehen soll. Eines aber scheint klar zu sein: Die Erneuerung muss in den Köpfen, in einem neuen Denken beginnen, wenn sie auf Dauer Erfolg haben soll.
An die Wortgruppe "neu, erneuern, Erneuerung" knüpfen auch grundlegende Aussagen der Bibel an, zum Beispiel "Gott, gib mir einen neuen, beständigen Geist!" (Ps 51,12). "Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden" (2 Kor 5,17). "Wandelt euch und erneuert euer Denken" (Röm 12,2). "Neuen Wein muss man in neue Schläuche füllen" (Lk 5,38). So zieht sich durch die ganze Bibel das Band der Erneuerung und Hoffnung bis hin zu der Verheißung einer neuen Erde und eines neuen Himmels (vgl. Jes 65,17; Offb 21,1).
Wer sich auf die Nachfolge Jesu einlässt, betritt einen neuen Weg. Das bedeutet: Umkehren, Herausgerissenwerden aus den alten Gleisen. Er tritt in ein neues Koordinatensystem von Grundhaltungen, von Werten und Prioritäten ein. Eine solche Umkehr ist nicht einfach und bedeutet eine bewusste Anstrengung, sich von festgefahrenen Denkgewohnheiten und der gewohnten Praxis zu verabschieden. Im Anschluss an das Wort vom neuen Wein in neuen Schläuchen heißt es im Lukasevangelium: "Und niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser " (5,39). Dieses Wort bestätigt sich sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche: Reformen und Kursänderungen stoßen immer auf Widerstand, sobald man sich selbst in seinem Denken und Lebensstil ändern muss. "Wollen wir überleben, dann müssen wir anders leben. Andere Werte wichtiger nehmen als Geld und Bequemlichkeit, einen neuen Lebensstil entwickeln. Wir werden erst brüderlich teilen, wenn wir brüderlich leben können" (Phil Bosmans). Die neue Lebenspraxis ist nicht einfach das Ergebnis eigener Anstrengung. Dazu ist der Mensch meistens zu schwach. Der Geist Gottes, der in uns wohnt, muss unseren Geist umwandeln und erneuern. Wir aber müssen uns ihm aussetzen. Was vor vielen Jahren ein evangelischer Prediger in Berlin erfahren hat, gilt auch heute noch: Der Pastor pflegte seine gedruckte Predigt nach dem Sonntagsgottesdienst den Droschkenkutschern - den damaligen Taxifahrern - am Potsdamer und Anhalter Bahnhof zu bringen, damit ihr Sonntag nicht ohne Gottes Wort sei. Eines Sonntags weigerte sich ein Droschkenkutscher, der ihm bisher sein Blättchen immer abgenommen hatte, es anzunehmen. Der Prediger fragte ihn nach dem Grund. Nach einigem Herumdrucksen sagte er: "Det will ick Ihnen mal sagen: Wenn ick det noch weitalese, denn muss ick mia ändern, und det will ick nich."
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 09.12.2004