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Aus der Region

Auge in Auge mit Gott

Ausbildung für Begleiter von "Exerzitien im Alltag"

Zeit verlieren bringt inneren Gewinn: Täglich nehmen sich die Teilnehmer eine halbe Stunde für eine geistliche Betrachtung.

Dresden (dw) -Für Margarete Schnarrer aus Sohland waren Exerzitien im Alltag ein erster Anstoß, täglich zu beten und ihr Leben aus dem Gebet heraus zu gestalten. Klassische Exerzitien zu machen und sich damit eine ganze Woche lang aus dem Familienleben mit fünf Kindern herauszuziehen, wäre für sie nicht zu organisieren gewesen.

Die Familienmutter gehörte zu den Teilnehmern des ersten ökumenischen Seminars "Exerzitien im Alltag", das vor vier Jahren gemeinsam vom katholischen Exerzitienhaus Hoheneichen in Dresden und dem evangelischen Haus der Stille in Grumbach veranstaltet wurde. Rund 40 Männer und Frauen aus dem Bistum Dresden-Meißen und der Landeskirche Sachsen haben sich in diesem Seminar ein Jahr lang darauf vorbereitet, in ihren Gemeinden und Gemeinschaften selbst Exerzitien im Alltag anzuleiten.

Ignatianische Spiritualität aktuell verpackt

Zu Beginn nahmen die Kursabsolventen selbst an Exerzitien im Alltag teil, wie sie seit Anfang der 90er Jahre praktiziert werden. Anlässlich des 500. Geburtstags von Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens und "Erfinder" der klassischen Exerzitien, hatte man seinerzeit nach neuen Wegen gesucht, seine geistlichen Gedanken heutigen Lebensbedingungen entsprechend umzusetzen.

Wer sich auf Exerzitien im Alltag einlassen möchte, verpflichtet sich, vier Wochen lang täglich eine halbe Stunde Zeit für eine geistliche Betrachtung einzuplanen und darüber hinaus Anbetung zu halten. Wöchentliche Treffen bieten die Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und einander über Durststrecken hinwegzuhelfen. Dabei werden die Teilnehmer dazu eingeladen, eine persönliche Beziehung zu Gott aufzunehmen und ihr Leben als gemeinschaftlichen Weg des Glaubens zu entdecken. Das Material, das sie dafür mit nach Hause bekommen, gibt schrittweise Anregungen für diesen Weg. Am Ende der vierwöchigen Exerzitien steht ein festlicher Gottesdienst.

Für die Absolventen des ökumenischen Exerzitienbegleiterkurses schlossen sich weitere Vertiefungswochenenden im Haus der Stille, in Hoheneichen und im evangelisch-lutherischen Diakonenhaus Moritzburg an. Zum Kurs gehörte darüber hinaus eine persönliche geistliche Begleitung über das ganze Jahr.

Neue Freiheit und Tiefe im Glauben

Margarete Schnarrer hat seither dreimal in einem Team mitgewirkt, das in Zittau und in Schirgiswalde Exerzitien im Alltag anleitete. Sie war selbst überrascht über die positive Resonanz. Gerade die jüngeren Teilnehmer hätten es geschätzt, ihren Glauben aufzufrischen und Kraft zu tanken, ohne dafür eigens Urlaub nehmen zu müssen, erzählt sie. Auch wenn es immer wieder den einen oder anderen gebe, der die Exerzitien zwischendurch abbreche, die meisten fänden in den vier Wochen zu einer tieferen Freude am Glauben. Eine 85-jährige Christin habe beispielsweise eine neue Freiheit entdeckt: "Ich hätte nie gedacht, dass ich auch im Liegen beten darf", freute sie sich. Dadurch, dass man die anderen an seinen Glaubenserfahrungen und -schwierigkeiten teilhaben lasse, wächst eine schöne Gemeinschaft, hat Margarete Schnarrer jedesmal erlebt.

Für sie selbst ist mit den Exerzitien im Alltag immer wieder eine ganz neue Erfahrung verbunden, sei es als Begleiterin oder als Teilnehmerin: "Gott ist lebendig, und in der Begegnung mit ihm finde ich jedesmal neue Antworten für mein Leben."

Im Herbst soll ein zweiter Exerzitienbegleiterkurs beginnen, angeleitet von dem Jesuitenpater Markus Franz aus dem Haus Hoheneichen, Pfarrer Heiner Bludau aus Grumbach und zwei Mitgliedern der den Jesuiten nahe stehenden Gemeinschaft Christlichen Lebens, zu der auch Margarete Schnarrer gehört.

Empfehlenswert findet die Sohländerin das Seminar nicht zuletzt wegen der positiven ökumenischen Erfahrungen, die sie in sehr guter Erinnerung hat. Der Austausch mit den evangelischen Teilnehmern habe zu einer Bereicherung und Vertiefung geführt. "Wir waren eine Einheit. Es war sehr stark zu spüren, dass es um den einen Gott geht, der uns alle zusammenhält", sagt Ingrid Grütze, eine evangelische Christin aus einem kleinen Dorf bei Meißen. Die "Exerzitien im Alltag" waren für sie eine völlig neuartige Erfahrung, dennoch hat sie sich dabei als evangelische Christin sehr gut aufgehoben gefühlt. Wie für Margarete Schnarrer gehört das tägliche Gebet für sie seither dauerhaft zum Alltag. In ihrer Gemeinde konnte sie die Exerzitien bisher noch nicht anbieten. Vieles, was sie im Seminar gelernt hat, versucht sie jedoch in einen Meditationskreis einzubringen, den sie in ihrem Dorf leitet.

"Exerzitien im Alltag" wird im Herbst beginnen. Interessenten sollten sich schriftlich bis zum 31. Mai im Haus Hoheneichen anmelden, Dresdner Straße 73, 01326 Dresden. Die verbindliche Zusage zur Teilnahme erfolgt nach einem Vorgespräch.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 1 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.01.2005

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