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Auf zwei Minuten

Von christlicher Klugheit

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

"Ich bin doch nicht blöd!" lautet ein schriller Werbespot aus dem Fernsehen. Der kluge Käufer vergleicht die Preise, er weiß, was er wo für sein Geld günstig und in guter Qualität bekommt. Er kennt sich aus. Er lässt sich nicht hereinlegen, denn er ist "doch nicht blöd." Für alle Lebenslagen, nicht nur beim Einkaufen, braucht der Mensch den ungetrübten Blick für die wirkliche Lage der Dinge. Er darf nicht einfach Fakten ignorieren, ob sie angenehm sind oder nicht. Wenn er es zu etwas bringen will im Leben, wenn er weiterkommen will, braucht er Umsicht und Klugheit, um sich für das Richtige zu entscheiden.

Wie steht es mit der Qualität unserer sittlichen Entscheidungen und Taten im Alltag? Schon Jesus hat im Anschluss an sein Gleichnis vom klugen Verwalter gesagt: "Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes", oder nach einer anderen Übersetzung: "Die Menschen dieser Welt sind, wenn es ums Überleben geht, viel klüger als die Menschen des Lichtes" (Lk 16,8). "Klugheit" hat oft den Beigeschmack von gewiegter Taktik, von Gerissenheit und Cleverness: Der Kluge weiß sich seinen Vorteil zu sichern und Gefahren für seine Person aus dem Weg zu gehen. Das aber ist mit der Kardinaltugend der Klugheit nicht gemeint! Die Klugheit hat den Vorrang vor allen Tugenden, sie ist die Voraussetzung, um gut zu sein. Wer gut sein will und Gutes tun will, muss wissen, wie die Dinge wirklich sind und liegen. Er muss Kontakt mit der objektiven Wirklichkeit, auch mit der im Glauben erkannten Offenbarungswahrheit, haben. In der Klugheit wird die sachliche Erkenntnis der Wirklichkeit maßgebend für das Tun. "Der Christ ist klug, das heißt, er lässt sich den Blick für die Wirklichkeit nicht trüben durch das Ja oder Nein des Willens, sondern er macht das Ja oder Nein des Willens abhängig von der Wahrheit der wirklichen Dinge" (Josef Pieper). Wer zum Beispiel jemandem helfen will, muss einen klaren Einblick gewinnen in die Situation des anderen, um zu wissen, was er braucht. "Gut gemeint" kann manchmal das Gegenteil von "gut" werden!

Zur Grundhaltung der Klugheit gehören auch Belehrbarkeit, klarsichtige Sachlichkeit im Unvermuteten, das heißt eine schnelle Antwort auf neue Situationen zu finden. Mit der Tugend der Klugheit ist auch die Voraussicht verbunden, das Vermögen, mit sicherer Witterung abzuschätzen, ob ein bestimmtes Tun wirklich Weg sein wird zur Verwirklichung des Zieles. Wer als Christ diese sittliche Grundhaltung der Klugheit immer wieder einübt und aus ihr heraus handelt, der kann von sich sagen: "Ich bin doch nicht blöd!"

Pater Damian Weihbischof:

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 1 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.01.2005

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