Differenzierter Umgang
Caritas und Diakonie über Ihre Erfahrungen mit Hartz IV
Meißen (tg) - Für einen kritischen, aber differenzierenden Umgang mit den Hartz-Reformen haben sich Vertreter von Caritas und Diakonie ausgesprochen. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände hätten keine grundsätzliche Kritik an den Sozialreformen der Bundesregierung geübt, sagte Alfred Schleimer, Referent des Deutschen Caritasverbandes auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Meißen. Jedoch hätten sie zu einzelnen Regelungen Bedenken geäußert. So sei beispielsweise der Grundbetrag zur Existenzsicherung nach Ansicht der Caritas "willkürlich herbeigerechnet". Der Pauschalsatz sei zu niedrig, er reiche nicht zum Überleben. Die Caritas wolle auch weiterhin auf Fehler bei der Reform aufmerksam machen und im Interesse der Betroffenen für Abhilfe sorgen, so Schleimer
Von positiven Erfahrungen mit Arbeitsgelegenheiten -den so genannten "Ein-Euro-Jobs" -berichtete Renate Hasse, Leiterin des Christlichen Kinderhauses in Coswig bei Meißen. Die ökumenische Einrichtung, deren Träger die Caritas ist, habe zur Unterstützung des pädagogischen Personals und des Hausmeisters zwei Personen beschäftigt. Es sei gelungen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, gebraucht zu werden. Als Problem jedoch habe sich die in diesem Fall auf 15 Stunden pro Woche begrenzte Arbeitszeit erwiesen. "Wichtige Arbeiten können nicht zu Ende geführt werden", so Hasse. Ebenso sei die Laufzeit der Arbeitsgelegenheiten von einem halben Jahr gerade im Sozialbereich zu kurz. "Eine Bezugsperson muss länger da sein", erklärte die Leiterin. Nötig wäre eine Verlängerung auf ein Jahr.
Auf ein gemeinsames Vorgehen hätten sich im Kreis Altenburger Land die freien Wohlfahrtsverbände mit dem Sozialamt der Landkreisverwaltung und der Agentur für Arbeit verständigt, berichtete Lars Eisert-Bagemihl, Kirchenkreis- Sozialarbeiter bei der Diakonie und Sprecher der Kreis- Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Dieses in Thüringen bislang einmalige "Altenburger Modell" habe sich als Vorteil für die Betroffenen erwiesen. So sei rund 8700 so genannten Bedarfsgemeinschaften das Arbeitslosengeld II pünktlich ausgezahlt worden. Eine von den Wohlfahrtsverbänden angebotene Beratung habe den Betroffenen ihre Unsicherheit genommen.
Jedoch kritisierte er die Kopplung der Grundsicherung an einen "Arbeitszwang". Auch gehe es nicht, Menschen mit geringem Einkommen stärker zu belasten als Besserverdienende, so Eisert- Bagemihl. "Dennoch darf sich Kritik nicht in der Verteidigung des Bestehenden erschöpfen. Die Reform des Sozialstaats ist überfällig."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 14.03.2005