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Bistum Görlitz

Dem Fremden begegnen

Das Xenos-Projekt für arbeitslose Judgendliche in der Lausitz

Blicken optimistisch in die Zukunft: Frank Meusel und Anett Lorenz haben in Görlitz am Xenos-Projekt mitgearbeitet. Foto: Schuppert

Görlitz / Cottbus - Nur wer es wagt, sich auf den anderen einzulassen, wird ihn verstehen können. So wie über 40 arbeitslose Jugendliche, die in den letzten drei Jahren das jüdische Leben in der Lausitz erforscht haben. Jetzt ist das Projekt zunächst abgeschlossen worden.

Skeptisch war Anett Lorenz aus Görlitz schon ein bisschen, als sie ihr Betreuer von der Arbeitsagentur fragte, ob sie sich vorstellen könnte, im Xenos-Projekt zur Erforschung des jüdischen Lebens in der Lausitz mitzuarbeiten. "Das klang zwar interessant, aber ich wusste absolut nichts darüber", gesteht die gelernte Verkäuferin.

Nach und nach hat sie sich eingearbeitet, lernte jüdische Symbole und Inschriften kennen und erfuhr, woher jüdische Namen stammen. Heute ist sie in der Lage, Besucher über den alten jüdischen Friedhof in Görlitz zu führen und ihnen zu jedem Grabstein etwas zu erzählen, eine Arbeit, die sie gern macht und die sie vermissen wird.

Umfangreiches Infomaterial

Auch Frank Meusel aus Görlitz wusste zunächst nicht, worauf er sich bei dem Projekt einlässt. Er hat zwar nur drei Monate daran mitgearbeitet, aber viel mitbekommen, "ob etwas zur regionalen Geschichte oder wie man mit dem Computer umgeht". Der gelernte Kaufmann für Büro- Kommunikation bedauert es wie die anderen Teilnehmer an dem Projekt, die zeitgleich in Cottbus und Görlitz tätig waren, dass es zu Ende ist.

Und was die Jugendlichen mit ihren Betreuern, der Historikerin Miriam Schneider und dem Sozialpädagogen Ronald Jäger zum auf die Beine gestellt haben, kann sich sehen lassen. In mühevollen Recherchen, Exkursionen und Fortbildungen entstanden Medien, die über die Geschichte des jüdischen Lebens in der Region informieren: Flyer, Informationsbroschüren, Stadtspiele, Unterrichtsmaterialien oder eine Internetseite (www.judentumlausitz. de). In Cottbus wurde ein Dokumentarfilm über "Die Frau des letzten Juden" gedreht, der ein großer Erfolg war. Eine von den jungen Leuten produzierte CD-Rom ist mit dem Förderpreis Medienpädagogik der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien ausgezeichnet worden.

"Es war eine insgesamt sehr komplexe Arbeit, die besonders durch das Engagement der Teilnehmer gelebt hat und ohne sie nicht denkbar wäre", sagt Betreuerin Miriam Schneider. Denn schließlich sei eine solche Arbeit nicht das "gängige Thema" für Jugendprojekte. Zum Abschluss gäbe es eine Broschüre über den jüdischen Friedhof in Görlitz.

Projekt müsste weitergehen

Das Xenos-Projekt war ein voller Erfolg, das eigentlich weitergehen müsste, meint Caritas-Referent André Schneider, dessen Verband Träger der Maßnahme war. Allein die Finanzierung werde schwierig, obwohl Fördergelder beantragt seien. Das Xenos-Projekt sei ein wirksamer Beitrag gewesen, Jugendliche wieder in sinnvolle Beschäftigung zu bringen. Zahlen bewiesen, dass das Projekt auch arbeitsmarktpolitisch durchschlug: Elf Jugendliche konnten direkt in Ausbildung und Arbeit vermittelt werden, mit den Partnern seien besonders in den Bereichen Computer und neue Medien rund 15 000 Fortbildungsstunden erteilt worden. Anett Lorenz und Frank Meusel bestätigen, dass es sich gelohnt hat. "Wir haben viel gelernt", sagen die beiden und sehen optimistisch in die Zukunft.


Stichwort: Xenos-Projekt

Der Caritasverband der Diözese Görlitz e.V. begann am 1. März 2002 mit dem Projekt "Dem Fremdem begegnen ... Jüdisches Leben in der Lausitz", an dem über 40 junge Leute die Geschichte des jüdischen Lebens der Region zusammentrugen und einer breiten Öffentlichkeit präsentierten. An den Standorten Görlitz und Cottbus untersuchten Gruppen unter Anleitung jeweils eines Sozialpädagogen und eines Historikers das jüdische Leben der Stadt und des Umlandes. Dabei handelte es sich um Jugendliche, die nach der Berufsausbildung wenige Chancen auf dem regionalen Arbeitsmarkt hatten. Sie erhielten die Möglichkeit, Berufserfahrung zu sammeln, einer sinnvollen Aufgabe mit klarer Zielsetzung nachzugehen und Zusatzqualifikationen zu erwerben. Dabei wurden sie intensiv beraten und begleitet. Die Chancen auf einen festen Arbeitsplatz sollten dadurch erhöht werden. Das Selbstwertgefühl der Jugendlichen und die sozialen Kompetenzen wurden sowohl durch die Teamarbeit als auch durch ergebnisorientierte Aufgaben gefördert.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 14.03.2005

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