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Aus der Region

Vorbereitungen auf Hochtouren

Der Weltjugendtag in der Region

Alt-Bischof Nowak: Weltjugendtage sind Erfahrungen einer weltweiten Kirche.

Vom 16. bis 21. August findet in Köln der Weltjugendtag statt. Zuvor gibt es Tage der Begegnung von jungen Menschen aus der ganzen Welt in allen deutschen Bistümern. Einer, der schon zwei Weltjugendtage mitgemacht hat, ist der Magdeburger Albischof Leo Nowak. Als so genannter Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz war er 1995 in Manila und im Jahr 1997 in Paris dabei. Der TAG DES HERRN sprach mit ihm:

Frage: Herr Bischof, welche Erfahrungen verbinden Sie mit den Weltjugendtagen?

Nowak: An erster Stelle steht die Erfahrung, dass katholische Kirche Weltkirche ist. Wer am Weltjugendtag teilnimmt, merkt, dass er zu einer Kirche gehört, die in der ganzen Welt verbreitet ist. Ein Weltjugendtag ist geprägt von den verschiedenen Hautfarben, den vielen Sprachen, der bunten Farbenpracht der unterschiedlichen Nationalitäten. Bei all dieser Verschiedenheit gibt es aber eine ganz eigene Verbundenheit. Das ist der gemeinsame Glaube. Die zweite Erfahrung hängt mit der Person des Papstes zusammen. Die Weltjugendtage sind ja seine Initiative. Und trotz seines zunehmenden Alters übt er auf die jugendlichen Teilnehmer eine besondere Faszination aus. Für sie wird im Papst katholische Kirche in einer ganz konkreten Form greifbar. Und schließlich gehört zu den Weltjugendtagen eine wachsende Solidarität unter den Jugendlichen. Jeder Jugendliche bringt die konkrete Lebenswelt mit, aus der er kommt. Und dazu gehören auch die Probleme und Schwierigkeiten in den einzelnen Ländern. Und wenn man als deutscher Teilnehmer wie beispielsweise beim Weltjugendtag auf den Philippinen erlebt, was es für einen jungen Menschen bedeutet, in einem Slum leben und den Lebensunterhalt auf der Müllkippe sammeln zu müssen, kommt man als anderer Mensch zurück. Da relativieren sich manche Probleme, die wir in Deutschland haben.

Frage: Gelegentlich wird nach dem Sinn solcher Massenveranstaltungen gefragt oder auch die zentrale Rolle des Papstes kritisiert. Was antworten Sie auf diese Vorbehalte?

Nowak: Natürlich ist der Sinn von Massenveranstaltungen immer umstritten. Problematisch ist eine Eucharistiefeier mit einer Million Jugendlichen schon. Aber das sollte man nicht zu grundsätzlich sehen. Solche Erlebnisse gehören in die Jugendzeit. Wichtig ist deshalb neben allen äußeren Erlebnissen die innere Gestaltung der Weltjugendtage. Hier wird mit Katechesen und Gottesdiensten versucht, die Jugendlichen in den Glauben einzuführen oder ihren Glauben zu vertiefen. Natürlich spielt der Papst dabei eine zentrale Rolle. Aber der Papst lädt die Jugend der Welt nach Köln ein, damit sie mit ihm wie die Weisen aus dem Morgenland Christus anbeten. Nicht der Papst, sondern Christus ist der Mittelpunkt. Wenn man sich die Vielfalt des Programms ansieht, sind es ja sogar nur wenige Punkte, an denen der Papst teilnimmt. Auch die gelegentlich geäußerte Kritik, der Weltjugendtag würde von besonders papsttreuen Jugendlichen dominiert, trifft so nicht mehr zu. Im Gegenteil, die ganze Breite katholischer Jugend ist vertreten -von der Pfarrjugend über die Jugendverbände bis hin zu den Jugendgruppen verschiedener geistlicher Gemeinschaften. Auch hier zeigt sich katholische Weite.

Frage: Zurzeit laufen in Deutschland die Vorbereitungen auf Hochtouren. Was ist Ihnen dabei wichtig?

Nowak: Ich finde es besonders gut, dass das Weltjugendtagskreuz in der Vorbereitungszeit in allen deutschen Bistümern unterwegs ist. Hier wird der Versuch gemacht, das zentrale christliche Zeichen, das Kreuz, in die Welt zu tragen. Unter dem Zeichen des Kreuzes sollen sich die jungen Menschen versammeln. Und dann werden sie angeleitet, darüber nachzudenken, welche Bedeutung das Kreuz für ihr Leben und für unsere Zeit hat.

Frage: Katholische Jugendarbeit in Deutschland ist ja für die Amtsträger in der Kirche nicht immer konfliktfrei. Was sagen Sie zu den gelegentlichen Auseinandersetzungen mit den Jugendverbänden?

Nowak: Die Jugendverbände haben ihre eigene Geschichte. Sie kommen meist aus der Zeit der Jugendbewegung, wo man versucht hat, jugendgemäße Formen zu finden, in denen man Jugendliche mit christlichen Inhalten ansprechen und aktivieren kann, sich auf kirchliches Leben einzulassen. Deshalb ist grundsätzlich erst einmal nichts gegen die Jugendverbände zu sagen. Probleme sehe ich vor allem in zweierlei Hinsicht: Das erste betrifft unsere Diasporasituation im Osten Deutschlands. Ich habe einmal so formuliert: Wie soll man mit fünf Jugendlichen zehn Jugendverbände gründen? Das zweite Problem sehe ich bei den Führungskräften aller Verbände, nicht nur der Jugendverbände. Wenn sie im Blick auf ihre menschlichen und pädagogischen Fähigkeiten, im Blick auf Glauben und Kirche keine Persönlichkeiten sind, was ist dann von den Verbänden zu erwarten? Verbände, die die entsprechenden Führungspersönlichkeiten haben, laufen auch gut.

Frage: Sie haben gerade die Situation in Ostdeutschland angesprochen. Haben es Jugendliche in nicht christlicher Umwelt heute besonders schwer zu glauben?

Nowak: Zunächst einmal muss ich die Jugend gegen eine allgemein immer wieder zu hörende Kritik in Schutz nehmen: Es gibt auch in unserer Zeit ganz hervorragende junge Leute, die versuchen, ihr Leben in die Hand zu nehmen und daraus etwas zu machen -für sich und für andere. Aber junge Leute sind immer besonders abhängig von ihrer Umwelt. Sich eine eigene Meinung zu bilden, ist nicht jedem von vornherein gegeben. Dazu braucht er Hilfe und deshalb ist er auch besonders von den Verhaltensweisen Erwachsener abhängig. Vielleicht haben es Jugendliche heute schwerer als wir damals. Viele wachsen in nicht intakten Familienverhältnissen auf. Sie sehen oft keine Perspektive für ihre Zukunft. Woher sollen sie dann die Motivation nehmen? Warum soll ich ein guter Schüler sein? Warum soll ich einen Beruf erlernen? Das bringt ja sowieso nichts. Wenn ein Jugendlicher um sich herum nur Erwachsene erlebt, die in persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten stecken, dann ist das schon eine enorme Herausforderung an Mut und Selbstvertrauen.

Frage: Sehen Sie Lösungen?

Nowak: Mit Appellen ist da ja nichts gemacht. Trotzdem: Die Lösung hat etwas zu tun mit der ganzen wirtschaftlichen und sozialen Lage in unserem Land. Politik und Wirtschaft dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern sie müssen die Situation junger Menschen besonders in den Blick nehmen. Und auch in der Kirche muss Zuwendung zu Jugendlichen geschehen. Die Pfarrgemeinden müssen die Jugend ernst nehmen. Und sie müssen Jugendlichen mit Hoffnungszeichen helfen: Es ist nicht aussichtslos! Versuche mit deinem Leben auf die Beine zu kommen!

Frage: Mit welchen Erwartungen schauen Sie auf den Weltjugendtag in Deutschland?

Nowak: Ich erhoffe mir, dass der Weltjugendtag für die jungen Leute das Erlebnis einer lebendigen Kirche wird. Und dass die nicht mehr so jungen erleben, dass zu dieser lebendigen Kirche auch viele junge Menschen gehören. Für eine gewisse Zeit kann so der Weltjugendtag zu einem Auftrieb für die Kirche in Deutschland werden. Und im Hinblick auf die oft angefragte Globalisierung kann der Weltjugendtag helfen, einen Schritt weiter zu kommen: Junge Leute können das Positive erleben, was junge Leute aus anderen Völkern und Nationen mitbringen. Und sie können entdecken, dass wir daraus Gewinn für die eigenen Lebensgestaltung ziehen können.

Frage: Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 14.03.2005

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