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Bistum Görlitz

Politik kann keine Wunder vollbringen

Beim Kolping-Bildungswochenende stand die Familie im Mittelpunkt

Fordern Gerechtigkeit für die Familien: Georg und Petra Brendler aus der Gemeinde St. Anna in Reichenbach.

Jauernick (as) -Petra und Georg Brendler aus der Gemeinde St. Anna in Reichenbach sind ein bisschen sauer auf die Politik. Steuererleichterungen in Deutschland kämen nur den Besserverdienenden zugute. "Wenn man sich das richtig ausrechnet, haben die Familien überhaupt nichts davon", sagt Frau Brendler. Ähnlich sei es mit den vielgepriesenen Gesundheits- und Sozialreformen, beklagen die Eltern von zwei Kindern. "Aber nur rumjammern nützt nichts", meint Georg Brendler. "Man muss sich einmischen." Auch deshalb ist er mit seiner Frau zum bildungspolitischen Wochenende des Kolpingwerkes vom 14. bis 16. Januar in den St. Wenzeslaus-Stift nach Jauernick gekommen. Um über die Zukunft des Landes nachzudenken und auch mal den Politikern auf den Zahn zu fühlen. Denn die hatten sich die Kolpinger nach Jauernick eingeladen. Familien als Lernorte der Demokratie lautete das große Thema des Wochenendes.

Zu Gast war unter anderen der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Kretschmer aus Görlitz, um den Männern und Frauen aus den Kolpingsfamilien des Bistums Rede und Antwort zu stehen. Statt über Familien redet er zunächst über die gescheiterte Förderalismuskommission und über die Rechten in den ostdeutschen Landtagen. Die Reformen in Deutschland seien deswegen schleppend, weil viele Gruppe mitsprechen. Vor allem in der Bildungspolitik könnten sich die Länder nicht einigen -Kretschmer plädiert für einen nationalen Bildungsstandard, der klare Aussagen darüber trifft, "was ein Kind in einer bestimmten Altersstufe können muss". Dass die Rechten wie die NPD heute in den Parlamenten sitzen, sei auch darauf zurückzuführen, dass die Menschen nicht mehr den Eindruck hätten, dass "die Politik die Probleme lösen kann, sondern ein Teil des Problems ist". Für die Familien forderte der CDU-Politiker ein Familiensplitting nach französischem Modell, das die Kinder bei der Steuerbelastung der Eltern mit berücksichtigt. Ein Familiengeld, wie es vor der Wahl auch von Unionspolitikern gefordert wurde, hält Michael Kretschmer nicht für finanzierbar.

Kontovers ging es bei Fragen der Wirtschaftspolitik zu. "Die Unternehmen machen weiter Gewinne, aber es wird dadurch nicht ein Arbeitsplatz geschaffen", wirft jemand ein. Ebenso würden die Leute, die keine Arbeit haben und auf der Straße stehen, gesellschaftlich ausgegrenzt. Die Politik sei gefordert, moralisch zu handeln, halte sich aber bedeckt, wenn es um die Nebeneinkünfte von Politikern gehe.

Anders als mancher seiner Kollegen versucht Michael Kretschmer ehrlich zu antworten. Aber: "Die Politik bewegt sich erst, wenn die Probleme so groß sind, dass sie sich kaum noch lösen lassen", sagt Kretschmer. Ein verbaler Schnitzer oder traurige Realität? Fast unbemerkt beschreibt er den Niedergang der politischen Klasse, die sich vom Volk weit entfernt zu haben scheint. Die Antwort darauf ist Michael Kretschmer an diesem Tag schuldig geblieben.

So bleiben auch für Petra und Georg Brendler manche Fragen offen. "Auch Politiker können keine Wunder vollbringen", meint Georg Brendler, aber es müsse das Bemühen zu sehen sein, dass die Menschen im Vordergrund stehen. Für die Menschen, besonders aber für die sozial Schwachen einzustehen, sei deshalb weiterhin Anliegen des Kolpingwerkes, betonte dessen Diözesanvorsitzender Michael Mandrossa.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 14.03.2005

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