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Auf zwei Minuten

Versuchungen Jesu - unsere Versuchungen

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

In der Versuchungsgeschichte nach Matthäus fallen die Schriftzitate auf. Ihr Sinn ist nicht schwer auszumachen. Die von Jesus verwendeten Schriftzitate erinnern an Mahnungen, die Mose dem Volk Israel als dem Sohn Gottes vor dem Einzug ins Gelobte Land mitgegeben hatte: Es sind Konsequenzen aus Israels Wüstenerfahrungen. Mose sagt dem Volk: ,,Daraus sollst du die Erkenntnis gewinnen, dass der Herr, dein Gott, dich erzieht, wie ein Vater seinen Sohn erzieht" (Dtn 8, 5). Israel hat die Versuchungen nicht bestanden. Jesus aber hat aus Israels Geschichte gelernt, er handelt, wie es der Vater von seinem Sohn erwartet. Jesus ist aufgrund seines Ursprungs und seines Verhaltens der Sohn Gottes, der uns durch sein Leben zeigt, wie wir leben müssen, wenn wir Gott gerecht werden wollen.Was sind das für Versuchungen, die Jesus in der Wüste zu bestehen hat? Es ging um mehr als um seine eigenen Bedürfnisse. ,,Er befand sich vor dem Hunger einer ganzen Menschheit - dem Hunger der Armen nach Brot, der Unterdrückten nach Freiheit, der Verzweifelten nach Sinn. Wie sollte er diesen Hunger stillen? Wer vor einer solchen unlösbaren Aufgabe steht, der wird nach allen Möglichkeiten greifen, die sich ihm bieten: Steine in Brot verwandeln, die Macht der Engel in Anspruch nehmen und sich alle Reichtümer der Welt schenken lassen" (Paul Jakobi). Jesus nahm die Versuchung durch die Kräfte, die alles in Frage stellen, an. Er ließ sich bis an seine eigenen Grenzen führen. Aber er widersteht. Er kämpft und lässt nicht ab von seinem Vertrauen auf den göttlichen Vater. Er bleibt arm vor Gott.Werden auch wir in dieser radikalen Weise versucht? Der Psychologe Erich Fromm sieht mit Recht in der ersten Versuchung das Verlangen des Menschen nach materiellen Dingen verbildlicht, in der zweiten und dritten die Fiktion, vollständige Macht über die Natur (Aufhebung der Schwerkraft) und über andere Menschen zu gewinnen. Wir wissen und haben es als Gesellschaft erfahren, wohin die Versuchung zur Macht Menschen führen kann. Man könnte die Hauptversuchungen des Menschen auch Triebbefriedigung, Sensationslust und Machtgier nennen.

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 14.03.2005

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