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Aus der Region

Über den Ostergraben springen

Warum lässt Gott das zu? -Nachdenken über die Sinnfrage

Generalvikar Hubertus Zomack (Görlitz): Ich frage 'Warum?' und Gott gibt mir im Glauben die Antwort.

Krankheit, Krieg, Katastrophen, Arbeitslosigkeit und materielle Not -warum lässt Gott das zu? Auch Christen sind auf der Suche nach Antwort.

Die Heilige Woche, die wir früher Karwoche nannten, ist für mich und meinen Glauben seit meiner Kindheit sehr prägend. In meiner Heimatpfarrgemeinde Wittichenau war die Woche vom Palmsonntag bis zum Ostersonntag voller kirchlicher Aktivitäten, und das hat sich auch später nicht geändert, in den Jahren als Gemeindepfarrer. In dieser Zeit kam aber etwas hinzu, was diese Woche für mich so wichtig macht: Die Sinnfrage, angeregt vom Leiden und Sterben des Herrn.

Wie viele Menschen habe ich gefragt: Warum Leid, warum Tod? Später kam dazu: Warum Krankheit? Und dieses fortwährende Warum hat mich seitdem nicht mehr entlassen. Warum lässt der "gute Gott" all das Leid, all das Elend, all die Not zu? Warum?

Auch heute fragen viele: Warum bin ich arbeitslos? Warum bin gerade ich krank? Warum haben mich Menschen enttäuscht? Warum gibt es Krieg, Naturkatastrophen? Warum ist Gottes gute Schöpfung so grausam und das Ebenbild Gottes, der Mensch, manchmal des Menschen Wolf? Warum? Man fühlt sich mit diesem Warum allein gelassen, ist enttäuscht, mut- und hoffnungslos; und weil es keine Antwort zu geben scheint, suche ich sie auch nicht mehr.

Mir persönlich hat beim Suchen einer Antwort auf das Warum mein Glaube geholfen; er war die Antwort für mich. Und gerade in der Karwoche, wo Gottes Sohn, der Herr, von Todesangst geplagt, verzweifelt ausruft: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?", wird diese Antwort für mich immer wieder deutlicher. Die Antwort, dass Gott keine Freude am Leid hat, auch wenn er es zulässt, dass er nicht den Tod des Sünders will, sondern dass er umkehrt und lebt.

Der Herr fügt seiner Bitte, dass der Kelch des Leides an ihm vorübergehen möge, den Satz hinzu: "Aber nicht mein Wille geschehe, sondern der deine". Er vertraut sich seinem Vater an, er vertraut uns mit unserem Leid seinem Vater an und verheißt uns, wie einst dem Schächer am Kreuz: Wenn du dich auf mich einlässt, wirst du mit mir leben.

Der Schächer vertraut in dieser Krise, er findet eine Antwort in der Verzweiflung und so lehrt uns das ganze Geschehen der Karwoche, dass es auf mein Warum eine Antwort gibt, die ich im Glauben an Gott finden kann.

Es ist ein Prozess. Ich frage Warum und Gott gibt mir im Glauben die Antwort: All deine Ängste sind bei mir aufgehoben, vertrau mir, es wird gut. Mach dich auf den Weg durch das Leid zum Leben, vom Karfreitag zum Ostersonntag. Nur glauben muss ich das, diesen Kern unseres Glaubens.

Mein Osterglaube ist geprägt von Karl Rahner, der empfahl, aus dem Unglauben über den "Ostergraben" in den Glauben zu springen, wo Gott uns mit offenen Armen erwartet und dann haben wir die Antwort. Not, Leid, Tod sind menschliche Antworten, Gottes Antwort ist Leben.

Mein Wunsch für diese Woche an Sie und mich ist, springen wir vom Unglauben zum Glauben.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.03.2005

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