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Auf zwei Minuten

Jesus -die wehrlose Liebe Gottes

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

Jedes Mal, wenn ich das fünfte Geheimnis des schmerzhaften Rosenkranzes betrachte: "Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist", komme ich ins Stocken. Es tun sich so viele Fragen auf, dass es bei mir mit einem ruhigen Beten vorbei ist: Warum musste Jesus diesen schrecklichen und schändlichen Tod erleiden? Ist seine ganze Mission nicht gescheitert am Karfreitag? Wollte Gott als der gütige Vater seinen Sohn so leiden lassen? Wie soll ich denn da von Gott denken?

Die urchristlichen Antworten auf das Kreuz -der leidende Gottesknecht, das neue Osterlamm, Sühnopfer, Sündenbock, sein Blut als Besiegelung des Neuen Bundes, Leiden als Weg zur Herrlichkeit -gehen uns nur schwer oder gar nicht ein. Gibt es keinen anderen, weniger mit theologischen Spekulationen befrachteten Zugang zum Geheimnis des Leidens Christi? Die Weise, wie der Theologe Otto Hermann Pesch das Kreuz zu deuten versucht, finde ich sehr ansprechend: ,,Sollten wir nicht einmal den Gedanken wagen: Genauso, wie es das Kreuz in der Lebensgeschichte Jesu gewesen ist -Zufall, politische Überreaktion, Katastrophe -, genauso war es Gottes Absicht. Dann ergibt sich sehr Nüchternes -aber vielleicht gerade darum wahrhaft Tröstliches. Das Kreuz ist ...die öffentliche Katastrophe der Botschaft Jesu und seines Werkes. Das heißt also: Wir glauben an einen liebenden Gott, der rätselhafterweise seinen Boten, seine Botschaft nicht zum Erfolg führt, sondern untergehen lässt. Mit anderen Worten: Wir glauben trotz des Kreuzes an den Gott, den Jesus uns verkündet und nahe gebracht hat. Wenn es gerade so der "Plan" Gottes war, dann heißt das: Gott wollte uns in seiner unwiderruflichen Zuwendung zu uns Menschen in voller Wehrlosigkeit nahe kommen, so wehrlos, dass die Botschaft von dieser Lehre in der Welt sogar scheitern konnte. Gott wollte durch Jesus so für uns da sein, dass wir in voller Freiheit, bezwungen weder durch gewaltige Wunderzeichen noch durch unausweichliche Argumente, Ja oder Nein sagen könnten."

Jesus ist den Weg der grenzenlosen Barmherzigkeit Gottes, den Weg Gottes, der in Jesus uns seine ganze Liebe zeigt und Gemeinschaft mit uns sucht, zu Ende gegangen. In Jesus finden wir keine schlüssige und glatte Antwort auf all das Leid in der Welt. Schon gar nicht auf die Frage: Warum trifft es gerade mich? Aber, wenn es schon keine theoretische Antwort gibt, so doch eine praktische: Im vertrauenden Glauben an Jesus finden wir einen Weg im Umgang mit unserem eigenen Leiden. Die letzte Antwort ist: Die Liebe Gottes ist stärker als der Tod, daher ist Jesus aus dem Tode auferweckt worden. ,,Die Auferstehung zeigt, dass Gott mit seiner wehrlosen Liebe das Leid und die Bosheit der Menschen zuletzt weglieben kann" (Johannes Bours).

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.03.2005

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