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Engel der Auferstehung

Das heilige Grab im Schloßbergmuseum Chemnitz

Erlösung: Der Engel vom Heiligen Grab in Chemnitz verkündet die Botschaft von der Auferstehung des Herrn. Es ist dem Künstler gelungen, mit diesem Engel ein Bild zu schaffen, das ermutigt, das die Angst nimmt. Die Augen des Engels sprechen eine Sprache der Befreiung: Es kann nichts mehr schiefgehen, alles wird gut. Foto: Jakobi

Wie aus dem Nichts ist er plötzlich da. Er ist ein Engel. In der Hand hält er das Grabtuch: Christus ist auferstanden. Der Engel der Auferstehung ist die zentrale Figur des Heiligen Grabes im Schlossbergmuseum Chemnitz.

"Als Kind hatte das Heilige Grab für mich immer etwas Beruhigendes. Vor Permosers gewaltiger Plastik Chronos hatte ich einfach nur Angst und ich bin dann immer schnell hierher zum Heiligen Grab gelaufen", erinnert sich Uwe Fiedler, der Leiter des Schlossbergmuseums in Chemnitz. So hat sich über die Jahre eine besondere Beziehung zwischen beiden hergestellt. Uwe Fiedler weiß heute, welchen Schatz er mit dem Heiligen Grab hat. Weltweit gibt es heute nur noch vier Heilige Gräber dieser prunkvollen Art. So im benachbarten Zwickau, in Ungarn und in Österreich. Im Mittelalter hingegen gehörten sie zu den beliebtesten Andachtsgegenständen überhaupt.

Heute ist es Uwe Fiedlers Traum, alle vier Gräber in einer Ausstellung zu versammeln. Sogar den Arbeitstitel der Schau hat Fiedler schon: "Wie Kunst zum Glauben erzog". Gezeigt werden soll dabei in zwei bis drei Jahren all das, was einst die christliche und biblische Botschaft verkünden half. So neben den Heiligen Gräbern, Palmesel, Himmelfahrtsfiguren und vieles mehr. Aber das alles ist noch Zukunftsmusik. Das heilige Grab hingegen kann jederzeit im Schlossbergmuseum besichtigt werden. Und wer mag kann sich auch von Uwe Fiedler oder einem anderen Mitarbeiter führen lassen.

Zeugen des Todes und der Auferstehung Jesu

Besonders eindrucksvoll sind in Chemnitz die Figuren. Neben dem Engel, der das Grabtuch hält, finden sich auf der Karfreitagsseite beispielsweise Joseph von Arimatäa. Dieser war es, der dem Evangelium nach den Leichnam Jesu von Pontius Pilatus erbat und in seinem Grab beisetzte. Weiter zeugen Nikodemus, die trauernde Gottesmutter und eine weitere Maria - vermutlich Maria, die Frau des Klopas - vom Schmerz um den Tod Jesu am Kreuz. Die Freude springt hingegen mit dem Betrachten der Osterseite sofort über. Von den Frauen am leeren Grab ist Maria aus Magdala vertreten. Dazu gesellen sich der Engel sowie die Apostel Petrus und Johannes.

Uwe Fiedler weist darauf hin, dass die Gestaltung der Plastiken verrät, dass zumindest zwei Künstler an ihnen gearbeitet haben. Neben dem "lieblichen, spätgotischen Stil" wie beim Engel und bei Maria Magdalena stammen Joseph von Arimatäa und Nikodemus eindeutig aus der Zeit nach der Gotik. Da aber auch sie bereits in vorreformatorischer Zeit zum Grab gehörten, müssen sie vor Einführung der Reformation im Jahr 1540 entstanden sein. Insgesamt gehen die Kunstwissenschaftler heute davon aus, dass das Grab nicht wie bisher angenommen wurde im Jahr 1480 oder 1490 auf einen Schlag geschaffen wurde. Vielmehr wird ein langsamer Entstehungsprozess von zirka 50 Jahren angegeben. Begonnen hatte die Arbeit sicherlich ein so genannter Meister Jörg, wer sie fortsetzte ist unbekannt.

Im späten Mittelalter gab es zwei Grundformen von Heiligen Gräbern. Die einen standen im Freien und waren wie das Heilige Grab in Görlitz der Grabeskapelle in Jerusalem nachempfunden, die anderen dienten direkt dem Gottesdienst in der Karwoche. Wie Uwe Fiedler berichtet, zeichnet sich das Chemnitzer Grab dadurch aus, dass es die Tradition des Karwochengrabs in der reinsten und am höchsten entwickelten Form verkörpert: Dem transportablen Prunkschrein. Daher ist es neben dem hohem künstlerischen Wert ein herausragendes Zeugnis der Frömmigkeit des späten Mittelalters.

Vom Kreuz genommen und beigesetzt

Wie ein Karfreitags-Gottesdienst zu dieser Zeit in der Chemnitzer Marktkirche St. Jakobi, dem einstigen Standort des Grabes, ausgesehen haben könnte, zeigt ein Bericht aus Wittenberg aus dem Jahr 1517: "14 arme, aber würdige Leute sind ausgewählt worden. Sie begleiten die vier Kapläne in feierlicher Prozession in die Sakristei. Dort legen die Kapläne Judenkleider an, die 14 Auserwählten hüllen sich in Klagekleider ...Sobald der Nachmittagsgottesdienst beginnt, ziehen alle in Prozession in den Chor zum Kreuzaltar. Nach einer Anbetung des Kreuzes ersteigen zwei Kapläne die Leitern und nehmen die Christusfigur vom Kreuz. Dabei tritt dann der in die Schultern der Plastik eingebaute Mechanismus in Funktion. Sie können der Figur die Arme anlegen und sie so in das Leichentuch wickeln und auf die Bahre legen. Im feierlichen Umzug wird die Bahre mit dem Leichnam ...schließlich vor das Heilige Grab, das dem Aufbewahrungs- und Begräbnisritus folgend von brennenden Kerzen umgeben ist, gebracht. Inzwischen haben sich der Prozession alle der Zeremonie beiwohnenden Bischöfe, der Klerus und die übrigen Gläubigen angeschlossen. Der Leichnam wird im Grab gemeinsam mit dem allerheiligsten Altarsakrament beigesetzt." Am Ostermorgen gab es in Wittenberg eine ähnlich aufwändige Zeremonie. Feierlich wurde der Corpus aus dem Grab genommen und mit einer Auferstehungsfahne ausgestattet.

Für Chemnitz lässt sich solches liturgisches Brauchtum nur vermuten, da der Christus verschwunden ist. Sicher ist vielleicht nur, dass das Heilige Grab am Ostermorgen auf die Osterseite gedreht und Christus symbolhaft entnommen wurde.

Schlossbergmuseum Chemnitz,
Schlossberg 12, Telefon (0371) / 488 45 20
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 11 bis 16 Uhr; Samstag, Sonn- und Feiertag von 10 bis 17 Uhr

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 24.03.2005

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