Zeichen der Versöhnung
Christen gedachten gemeinsam des Kriegsendes
Kosarzyn/Görlitz - Verzeihen ohne zu vergessen, erinnern ohne aufzurechnen. Das war der Tenor der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Kriegsendes. Viele Christen gedachten mit ökumenischen Gottesdiensten der Opfer.
Im polnischen Kosarzyn, am Zusammenfluss von Oder und Neiße, steht das im Jahre 2003 errichtete Kreuz der Begegnung. Rund 50 Gläubige aus Polen und Deutschland haben sich hier am 7. Mai versammelt, um der Schrecken des Krieges vor 60 Jahren zu gedenken, Katholiken und Protestanten stehen vereint unter dem Zeichen der Versöhnung. "Wir dürfen nicht vergessen, was Deutsche anderen Völkern angetan haben", sagt Karin Wolff aus Neuzelle, auf deren Initiative hin das Kreuz errichtet wurde.
Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat zu dieser Veranstaltung ein Grußwort geschrieben. Um Verzeihung für erlittenes Unrecht bat der evangelische Pfarrer aus Möbiskruge, Rudolf Zörner, die polnischen Nachbarn "für das, was eigentlich nicht zu verzeihen ist." "Wir sind heute froh, dass zwischen unseren Völkern 60 Jahre Frieden herrscht, auch wenn es im Zusammenleben noch viele Probleme zu lösen gibt", so der Pfarrer. Zörner erinnerte auch an das Leid der deutschen Bevölkerung, die durch Flucht und Vertreibung "Heimat und Habe" verloren hat.
Orte des Gedenkens für junge Menschen
Für den Schulleiter des Gymnasiums in Neuzelle, Frank Fisher, ist das Gedenken an die Kriegsopfer vor allem von bildungspolitischer Bedeutung, zumal die Zeitzeugen aussterben. Das Kreuz an der deutsch-polnischen Grenze fördere nicht nur den Austausch und die Versöhnung unter den Völkern, sondern sei auch ein wichtiger Hinweis auf das christliche Erbe Europas. "Für die junge Generation brauchen wir solche Orte des Erinnerns und des Gedenkens", ist Fisher überzeugt. Mit den elften Klassen unternehme seine Schule zum Beispiel Fahrten ins Konzentrationslager Auschwitz.
Auch in Görlitz gedachten am vergangenen Sonntag Christen des Kriegsendes. In den ökumenischen Gottesdienst in der Lutherkirche waren vor allem jene gekommen, die den Krieg noch aus eigenem Erleben kennen. Bischof Rudolf Müller erinnerte in seiner Ansprache an die "friedliche Botschaft der Bergpredigt", an die sich auch die Kirchen in ihrer Geschichte nicht immer gehalten hätten. "Gott denkt nicht wie Hitlers ,Vorsehung' Gedanken des Verderbens", betonte der Bischof. Vielmehr nannte Jesus jene selig, die Frieden stiften. Dazu sei jeder Christ berufen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.05.2005