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Bistum Erfurt

"Was ist los mit dir Marie?"

Kinderarmut: Modellprojekt in sieben Kindergärten gestartet

Erfurt (tdh/cpd) -Der zunehmenden Armut unter Kindern in Thüringen widmet sich ein Projekt der Caritas des Bistums Erfurt, das in sieben Modell- Kindergärten gestartet wurde. Teilnehmen werden in Erfurt die Kindergärten "St. Ursula" und "Regenbogenland" (Kolping) sowie Einrichtungen in Bad Salzungen, in Lengenfeld/Stein, Günterode, Heiligenstadt und in Struth. Jeder der Modellkindergärten hat im Vorfeld eine eigene Konzeption erarbeitet. Geplant sind Aktionstage, Begegnungen, Elternarbeit, praktische Hilfsaktionen, theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema, praktische Verhaltensweisen im Umgang mit Armut und um Partnerschaften: beispielsweise mit den Pfarrgemeinden. Das Gesamtprojekt hat eine einjährige Laufzeit und wird im Spätsommer des kommenden Jahres ausgewertet.

Den roten Faden des Projektes bildet das Kinderbuch "Was ist los mit dir Marie?" Die Geschichte einer Bärengruppe aus dem Buch zeigt, dass es im Umgang der Menschen miteinander wichtigere Faktoren gibt als finanzielle Leistungsfähigkeit, als Geld. Die Geschichte der kleinen Bären soll das Einfühlungsvermögen von Kindern stärken. Und sie soll Eltern und Erziehern helfen, das Thema "Armut" neu zu entdecken und sich intensiver als bisher damit zu befassen.

Armut zählt zu den Tabuthemen

Im Rahmen der Projekteröffnung wies Diözesancaritasdirektor Bruno Heller auf das Problem zunehmender Armut hin. Mit Blick auf Hartz IV betonte Bruno Heller: "In den Caritas-Sozialdiensten nehmen wir einen Anstieg der Hilfebedürftigkeit wahr. Armut zählt zu den Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Solange es geht, wahrt man den Schein." Bruno Heller wies darauf hin, das Armut besonders Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund betrifft. Weiter forderte der Caritasdirektor: "Wir wollen das Schweigen über ein Tabuthema brechen. Wir brauchen in der Gesellschaft Sensibilität, Prävention und Solidarität."

Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes übernahm Professor Ronald Lutz von der Pädagogischen Hochschule Erfurt. Lutz betonte, dass Kinder in einer reichen Gesellschaft eigentlich ungeheuere Möglichkeiten haben, was aber längst nicht mehr für alle gelte. Viele Kinder würden das Gegenteil erfahren. Ronald Lutz: "Wir wissen über einer Million Kinder in Sozialhilfe, das sind in manchen Regionen im Osten nahezu 25 Prozent aller Kinder.

Kindheit ist oft ein Risiko mit ungewissem Ausgang

Prognosen gehen von einer deutlichen Steigerung dieser Kinderarmut in den nächsten Jahren aus, hervorgerufen durch Hartz IV und mögliche weitere Reformen. Wir wissen aus Schuluntersuchungen über eine Zunahme von Verhaltensstörungen, Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen, Ernährungs- und Bewegungserkrankungen, die sich insbesondere bei sozial benachteiligten Kindern häufen. Wir wissen aber auch von wachsender Gewalt gegen Kinder in der Familie und in der nahen Verwandtschaft. Kindheit ist nicht nur gespalten, sie wird für manche zu einem Risiko mit zunehmend offenem und gefährlichem Ausgang."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.05.2005

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