Die Kirche lebt, und sie ist jung
Kreuze standen im Mittelpunkt der Jugendwallfahrt von Eisenhüttenstadt nach Neuzelle
Eisenhüttenstadt / Neuzelle - Nicht ohne Grund begann die diesjährige Jugendwallfahrt des Bistums am 21. Mai in Eisenhüttenstadt. Denn nach dem Willen der SED-Regierung sollte es eine "Stadt ohne Kirchen" werden. "Wo es Kreuze gibt, ist Leben", lautete das Motto des Treffens.
Hoher Besuch hatte sich diesmal angesagt. Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Erwin Josef Ender, war im Bistum Görlitz unterwegs, wenn auch nicht offiziell. Kurzerhand entschloss er sich, den rund zehn Kilometer langen Wallfahrtsweg von Eisenhüttenstadt nach Neuzelle mitzugehen – und war begeistert von der jungen Kirche in der Region.
Rund 350 Jugendliche haben sich schon früh in der Eisenhüttenstädter evangelischen Nikolaikirche versammelt. Kreuze bedeuten Leid, gehören aber zum Leben. Kreuze begegnen überall, als Mahnung und Erinnerung, sind Ausdruck des Todes, heißt es in der Meditation zu Beginn des Wallfahrtsweges. "Kreuze sind aber auch Zeichen des Bekenntnisses zu Gott, Zeichen der Verbundenheit zwischen Gott und unter den Menschen."
Kreuze sind nicht hoffnungslos
Ein Kreuz inmitten von "schlechten Nachrichten" bestimmt das Plakat für diese Jugendwallfahrt, das die 17-jährige Mirijam Cieslik aus Weißwasser mit ihrer Jugendgruppe gestaltet hat. "Wir haben uns zusammen überlegt, was das bedeuten kann, ein Kreuz zu trage, was das eigentlich ist", erzählt sie. "Kreuze stehen in Verbindung mit Leid, Verzweiflung, aber sie sind nicht hoffnungslos. Deshalb ist auf dem Bild eine Sonnenblume zu sehen".
Für die Cottbuser Studentin Therese Guiadem aus Kamerun, die mit ihren Freunden und Studentenpfarrer Thomas Olickal zur Wallfahrt gekommen ist, gehört das Kreuz zum Leben "wie Geburt und Tod". Wichtig sei eine innere Verbindung zu Gott, aus der man auch die Kraft bekommt, "seine Kreuze tragen zu können."
An ein großes Kreuz heften die Jugendlichen ihre Sorgen, "die kleinen Kreuze des Alltags". Gute Wünsche steigen mit Luftballons zum Himmel auf für Menschen, denen es nicht so gut geht. Ein großes, lebendiges Kreuz bilden die Wallfahrer vor der Stiftskirche in Neuzelle.
"Wo wir Vertrauen auf Jesus setzen, wo wir so leben und handeln wie er, da verwandeln sich Kreuze in Leben", betonte der Diözesanjugendseelsorger des Bistums Erfurt, Wigbert Scholle, der die Wallfahrtspredigt hielt. Und das nicht, weil da irgendeine übernatürliche Magie am Werk wäre, sondern "weil Gott durch uns handelt". Nicht als Zufall, sondern als ein "Geschenk des Himmels" betrachtete es Erzbischof Erwin Josef Ender, bei der Wallfahrt dabei gewesen zu sein. Ein Nuntius sei nicht "Beamter", sondern sei als Bischof zu den Menschen gesandt. "Die Kirche von Görlitz lebt, und sie ist jung", sagte Ender in Anspielung auf die erste Predigt von Papst Benedikt XVI.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 27.05.2005