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Spezial

Hilfe und Prävention

Foto-Austellung über minderjährige Mütter

Junge Hallenser schauen sich die Fotos der Ausstellung an. Mit den Aufnahmen ist es der Kunstfotografin Annett van der Voort gelungen, die sensiblen, fragilen Mutter-Kind-Beziehungen einzufangen. Foto: Eckhard Pohl

Halle - "Oh my baby" ist eine Foto-Ausstellung über minderjährige Mütter überschrieben, die bis 24. Juni im Magdeburger Landtag und zugleich auch als Wanderausstellung in verschiedenen Orten Sachsen- Anhalts zu sehen ist. Dazu gibt es Workshops für junge Leute zum Thema Sexualität, Partnerschaft, Schwangerschaft.

"Ich habe die Entscheidung für mein Kind nicht bereut", sagt die 17-jährige Sandra Kolbe und schaut dabei auf ihren neun Monate alten kleinen Sohn Hendrik. "Allerdings wünsche ich keinem Mädchen, das noch jünger ist als ich, schwanger zu werden, und vor der Frage zu stehen, wie es weitergehen soll", so die junge Hallenserin. Sandra Kolbe gehört zu den Jugendlichen, auf die die Foto-Ausstellung "Oh my baby" aufmerksam machen möchte, welche zurzeit in Halle im Haus der Caritas zu sehen ist.

Zahl minderjähriger Schwangerer steigt stetig

Die Zahl der minderjährigen Schwangeren hat sich in Deutschland von 9490 im Jahr 1990 auf 15 038 im Jahr 2002 erhöht. Allein 2002 wurden in Sachsen- Anhalt 380 Kinder von minderjährigen Müttern geboren. Grund genug, um mit dieser "Ausstellung der leisen Töne", wie es der Geschäftsführer der Caritas Halle, Winfried Weber, ausdrückte, auf die Problematik und die betroffenen Mütter, Kinder und Familien aufmerksam zu machen. Eine Ursache für die Schwangerschaften bereits ab zwölf Jahren ist die immer frühere Geschlechtsreife der Mädchen – bei noch fehlender sozialer Reife. In ein paar Jahren werden Zehnjährige die biologischen Voraussetzungen haben, Kinder zu bekommen, so Weber.

Die Gründe für die Frühschwangerschaften sind vielfältig, sagt der Geschäftsführer der Stiftung Netzwerk Leben im Bistum Magdeburg, Reinhard Grütz. (Netzwerk Leben hat die Ausstellung der 18 Fotografi en minderjähriger Mütter initiiert, die von der niederländischen Fotografi n Annett van der Voort stammen.) Neben einer gewissen Sorglosigkeit im Blick auf sexuelle Aktivitäten unter Teenagern gebe es eine nicht zu unterschätzende Unkenntnis über Fragen von Sexualität und Schwangerschaft, sagt Grütz.

Einerseits sei jedes Neugeborene ein Geschenk. Deshalb sei es oberstes Ziel, auch und gerade den minderjährigen Müttern und ihren Kindern zu helfen , etwa im Blick auf Schule, Berufsausbildung, Wohnungssuche, Alltagsgestaltung. In ganz schwierigen Situationen könne Netzwerk Leben auch fi nanzielle Hilfe leisten.

Wenig Resonanz von Seiten der Schulen

Darüber hinaus geht es den Veranstaltern aber um Prävention. Deshalb seien die Jugendlichen während der Ausstellung zu Workshops eingeladen. "Dieses Angebot wird jedoch zumindest in Halle wenig wahrgenommen", sagt Caritas-Schwangerenberaterin Gabriele Koch. "Wir haben die Schulleiter sämtlicher Sekundarschulen und Gymnasien und zusätzlich berufsbildende Schulen Halles angeschrieben und keinerlei Resonanz bekommen." Allerdings hätten sich Jugendgruppen aus katholischen Gemeinden wie Merseburg angemeldet.

Für Geschäftsführer Grütz muss es darum gehen, im Blick auf die Prävention auch die Eltern einzubeziehen und ihnen zu helfen, in Sachen Sexualität, Partnerschaft und Schwangerschaft sprachund auskunftsfähiger zu werden. Netzwerk Leben bemüht sich nach Angaben von Grütz derzeit , solche Angebote zu schaffen.

Auch der Leiter des Jugendamtes der Stadt Halle, Lothar Rochau betont, wie nötig die Gesellschaft jedes Kind braucht. "Deshalb müssen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, die Mut machen, Kinder zu bekommen." Um gerade minderjährigen Schwangeren und Müttern mit ihren Kindern effektiv helfen zu können, sei eine enge Vernetzung der verschiedenen Hilfsangebote und -einrichtungen wie Schwangeren-, Erziehungs-, Familienberatungsstellen, Jugendamt und Kindergeldstelle bis hin zur schulbezogenen Jugendarbeit dringend erforderlich, betont Rochau. "Wir brauchen eine neue Qualität im Miteinander".

Sandra Kolbe jedenfalls ist dankbar für die Hilfe, die sie durch Beratungsstellen in Halle erhalten hat. Glück hat sie auch, weil ihre Familie ganz hinter ihr steht. "Meine Mutter hat mich von Anfang an sehr unterstützt", sagt die 17-Jährige. Allerdings sei es ihr seit vergangenem Jahr nicht gelungen, eine Lehrstelle als Einzelhandelskauffrau zu bekommen. "Meine Bewerbungen wurden mit unterschiedlichsten Vorwänden abgelehnt. Doch der eigentliche Grund ist mein Kind", sagt die junge Mutter. Sich die Ausstellung "Oh my baby" anzuschauen und sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, kann sie nur empfehlen.



Hinweis
Weitere Stationen der Ausstellung:
13. - 30. Juni: Landratsamt Stendal, 4. - 21. Juli: katholische Gemeinde Torgau; 25. Juli - 12. August: Jugendclub "Pferdestall" Wittenberg.
Infos:
Netzwerk Leben, Tel. 03 91 / 5 34 24 11;
E-Mail: post@netzwerkleben.de
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 21 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 27.05.2005

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