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Auf zwei Minuten

Verhinderte Wohltäter

Ein Beitrag von Pater Damian Meyer

Pater Damian

Verhinderter Wohltäter: "Ein Mensch im Rundfunk eben hört: / Sturmflut hat eine Stadt zerstört! / Schon reift sein Mitleid zum Entschluss, / Dass hier geholfen werden muss. / Doch wie? Die Welt hilft ohnehin / Weit mehr als nötig, ohne ihn. / Derselbe Mensch hört wenig später, / Ein Werk der Nächstenliebe tät er, / Gäb er ein Scherflein einem Mann, / So arm, dass kaum er leben kann. / Er ist auch diesmal sehr gerührt / Und fast zur guten Tat verführt. / Doch wie? Sollt er sein Geld verzetteln, / An Schnorrer, die die Welt bebetteln? – / Der Mensch wär gut – das Unglück bloß / War hier zu klein, war dort zu groß."

Eugen Roth, von dem diese Verse stammen, ist ein genauer Beobachter seiner Mitmenschen mit all ihren Eigenarten und Schwächen. So trifft er auch hier ins Schwarze. Jedenfalls fühle ich mich selbst in meiner Haltung von ihm ertappt. Nach der großen Tsunami-Katastrophe in Südostasien kam mir der Gedanke: Was sollen deine fünf Euro schon bewirken, wenn es um Milliardenschäden geht? Wenn die Spendenaktion einer Rundfunkanstalt allein schon über 30 Millionen einbringt und einzelne Spenden Millionenbeträge waren? Auch meine Erfahrung mit Bettlern hinterlässt in mir einen unangenehmen Nachgeschmack: Wollte ich diesem Menschen auf der Straße wirklich helfen mit einem Euro oder eher mein Gewissen beruhigen? Wie kann ich überhaupt wissen, ob manche Bettler nicht zu einer gut organisierten Gruppe gehören und gar nicht so schlecht leben, wie es aussieht? Und dann hat man auch gesehen, wie Bettler das erhaltene Geld sofort in Bier umsetzten!

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht in der Praxis konkreter Nächstenliebe. Für mich stellen sich grundsätzlich einige Fragen. Wie kann ich die Situation einer Not realistisch einschätzen und wirklich helfen? Hier ist die Tugend der christlichen Klugheit gefordert. Liebe, Nächstenliebe ist nicht blind. Mein guter Wille ("gut gemeint"), mein Gefühl des Mitleids genügen nicht. Ich möchte auch in den meisten Fällen einigermaßen sicher gehen, dass meine Spende dort ankommt, wo die Hilfe gebraucht wird. Geschieht aber christliche Nächstenliebe nicht oft aus einem spontanen Gefühl des Mitleids heraus, ohne große Überlegungen? Ja, auch ich habe mich nicht konsequent an die von mir aufgestellten Grundsätze gehalten. Und daher bin ich nicht selten betrogen und getäuscht worden. Ein alter und erfahrener Mitbruder hat mir vor Jahren gesagt: Wer noch nie von Hilfe suchenden Menschen reingelegt und betrogen worden ist, der hat sich nur auf wenige eingelassen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 21 des 55. Jahrgangs (im Jahr 2005).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 27.05.2005

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